Nach dem von Deutschland organisierten Abschiebeflug mit 81 afghanischen Staatsangehörigen hat die UNO einen sofortigen Stopp der Abschiebungen nach Afghanistan gefordert. „Die Zeit ist reif für Solidarität mit dem afghanischen Volk“, sagte eine Sprecherin von UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk am Freitag in Genf.
Türk forderte nach ihren Angaben „einen sofortigen Stopp der Zwangsrückführung aller afghanischen Flüchtlinge und Asylsuchenden“. Dies gelte insbesondere für diejenigen, denen bei ihrer Rückkehr „Verfolgung, eine willkürliche Festnahme oder Folter droht“. Die Abschiebung von Menschen in ein Land, in dem sie der Gefahr schwerwiegender Misshandlung ausgesetzt seien, verstoße gegen „den völkerrechtlichen Grundsatz der Nichtzurückweisung“, der auch für Straftäter gelte.
Die UN-Sprecherin verwies außerdem auf die „katastrophale“ humanitäre Lage in Afghanistan, wo 70 Prozent der Menschen in Armut lebten. Afghanistan ist eines der ärmsten Länder der Welt und von jahrzehntelangem Krieg gezeichnet.
Am Morgen war in Leipzig erstmals seit knapp einem Jahr wieder ein Abschiebeflug nach Afghanistan gestartet. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte im ARD-„Morgenmagazin“, an Bord befänden sich „schwere und schwerste Straftäter, die abgeschoben werden“.
Laut Bundesinnenministerium sollen mit dem Flug 81 afghanische Staatsangehörige in ihr Herkunftsland gebracht werden. Alle seien „vollziehbar ausreisepflichtige afghanische Männer, die in der Vergangenheit strafrechtlich in Erscheinung getreten sind“, hieß es. Der Flug erfolge „unter Zuhilfenahme der strategischen Sicherheitspartnerschaft mit dem Emirat Katar“. Der zuvor letzte Abschiebeflug mit Straftätern nach Afghanistan hatte noch in der Zeit der Ampel-Regierung im Bund im August 2024 stattgefunden.
Scharfe Kritik an dem Abschiebeflug kam von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Die menschenrechtliche Lage in Afghanistan sei „katastrophal“ und „außergerichtliche Hinrichtungen, Verschwindenlassen und Folter“ seien dort an der Tagesordnung. Niemand verdiene das, „auch nicht Straftäter“, erklärte die Amnesty-Generalsekretärin in Deutschland, Julia Duchrow. „Menschenrechte gelten entweder für alle Menschen, oder für niemanden.“
Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl sprach von einem „eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht“. Die Europäische Menschenrechtskonvention verbiete Abschiebungen, wenn Folter oder unmenschliche Behandlung drohen, erklärte Wiebke Judith, die rechtspolitische Sprecherin von Pro Asyl. In Afghanistan drohe den Abgeschobenen aber genau dies, weil dort „brutale Gewalt“ herrsche.