Vier Monate nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg mit sechs Toten und rund 300 Verletzten schieben sich die Behörden die Verantwortung für die Sicherheitslücken gegenseitig zu. Während Sonderausschüsse im Landtag und in der Stadt die Situation aufarbeiten, zeigen interne Dokumente, dass selbst in der Landeshauptstadt die Bewertungen unterschiedlich waren.
Kurz vor Weihnachten, am 20. Dezember 2024, war ein islamfeindlicher Mann aus Saudi-Arabien mit einem Auto über den Weihnachtsmarkt gerast. Der 50-jährige Täter sitzt in Untersuchungshaft. Außerdem liegen gegen Verantwortliche der Stadt und des Weihnachtsmarkts mehrere Anzeigen vor.
Die Betreibergesellschaft weist den Vorwurf zurück, den Markt nicht abgesichert zu haben. Die Abwehr krimineller Gefahren wie Amok und Terror obliege den staatlichen Organen, sagte Geschäftsführer Paul-Gerhard Stieger der Deutschen Presse-Agentur. „Es gab im Rahmen der Abnahme keine Auflagen an die Weihnachtsmarkt GmbH.“
Stadt zeigt auf Polizei
Im Sicherheitskonzept des Betreibers war „eine Gefahr durch Anschläge mit Fahrzeugen jeder Art“ jedoch festgehalten worden. Versenkbare Poller im Bereich von Zufahrten etwa gab es nicht. Die Stadt zeigt bei der Verantwortung in Richtung der Polizei. Es habe 2024 keine Hinweise von der Polizei auf eine konkrete Gefahr oder auf eine erhöhte Anschlagsgefahr gegeben, sagte ein Stadtsprecher. „Von der Polizei wurden auch im Rahmen der Stellungnahme zum Sicherheitskonzept auch in den Vorjahren keinerlei Hinweise auf eine erhöhte Anschlagswahrscheinlichkeit mit Kraftfahrzeugen gegeben.“
In einer internen E-Mail, die der städtische Ordnungsbeigeordnete Ronni Krug bereits Ende Oktober an die Veranstalter von Weihnachtsmärkten geschrieben hatte, heißt es unter dem Punkt „Angriff durch Terrorakt“: „Eintrittswahrscheinlichkeit: unwahrscheinlich. Maßnahmen: keine (Zuständigkeit hierfür liegt allein bei der Polizei)“.
Polizei weist Vorwürfe der Stadt zurück
Die Polizei stellt das anders dar als die Stadt. Im vergangenen Jahr habe ein enger Austausch stattgefunden, „auch mit Blick auf mögliche Gefährdungslagen wie Terroranschläge oder Amokfahrten“, sagte eine Polizeisprecherin. „Die abstrakte Gefährdungslage wurde kontinuierlich beobachtet und regelmäßig in gemeinsamen Besprechungen mit der Stadtverwaltung thematisiert.“
Es wird laut Polizei nun intensiv aufgearbeitet, was das Sicherheitskonzept zur technischen Absicherung von Flucht- und Rettungswegen vorsah und „ob diese Maßnahmen vom Veranstalter umgesetzt worden sind und wenn nicht, warum nicht“. Zuständig für die Überprüfung der Maßnahmen des Veranstalters sei die Landeshauptstadt Magdeburg, so die Polizeisprecherin.