Mit knapp über 24 Prozent arbeitete 2024 fast jeder vierte Deutsche zumindest gelegentlich remote, genau wie im Vorjahr. Ortsunabhängiges Arbeiten wird also auch hierzulande immer normaler und beliebter. Und: Es findet zwar in großen Teilen, jedoch längst nicht nur noch im Homeoffice statt. Mit dem Telearbeitsgesetz, das seit Jahresbeginn 2025 in Kraft getreten ist, haben Arbeitnehmer seit kurzem nun auch offiziell die Möglichkeit, ihre Homeoffice-Zeit mobil, d.h. an anderen Orten als zuhause auszuüben. Sie können ihrer Tätigkeit also z.B. an selbst gewählten Orten bei Angehörigen, Freunden, in Coworking Spaces oder unterwegs nachgehen.
Grund genug für TRT Deutsch, bei deutschen Remote-Arbeitern mit Berufen in ganz unterschiedlichen Branchen nachzufragen, wo und warum diese ihre Tätigkeiten in Deutschland remote ausüben – und wie sie ihre Arbeitszeit dabei konkret gestalten.
Die Gründe für Remote-Arbeit sind ganz verschieden
Gründe, warum zunehmend gern remote gearbeitet wird, gibt es viele: Die einen können sich jenseits von Großraumbüros besser konzentrieren oder wollen Zeit sparen. Andere müssen Familie und Arbeit vereinen. Auch Kreative, Selbstständige und Digitalunternehmer schätzen den Freiraum und die Flexibilität, die durch Remote-Arbeit entstehen. Beliebt sind dabei vor allem Coworking-Spaces in Städten, aber auch Cafés mit guter Remote-Arbeitskultur.
Dabei hat so ziemlich jede größere deutsche Stadt mindestens eine, wenn nicht gar mehrere Adressen zum Remote-Arbeiten: Ketten wie das betahaus (www.betahaus.com), MINDSPACE (www.mindspace.me) oder Impact Hub (www.impacthub.net) findet man z.B. in Berlin, Hamburg, München, Dresden, Frankfurt, Stuttgart oder Düsseldorf. Diese Locations stellen nicht nur Coworking-Räume für Solo-Arbeiter bereit, sondern auch Meeting- und Eventräume für Teams und Menschen, die kollaborativ arbeiten. Doch das passt nicht für jede Profession und Branche gleichermaßen gut.
Ob Office oder remote: Es geht um Arbeitsorte, die zu Bedürfnissen passen
„Als Selbstständiger arbeite ich überwiegend in meinem Creator Dojo in München“, erzählt zum Beispiel Benjamin Jaksch, Learning Catalyst, Video Creator und Coach aus München. Dafür hat sich der 37-jährige zwei Container im Münchner Kreativquartier eingerichtet. Die Zusammenarbeit mit seinen Kunden in ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz findet für ihn größtenteils digital statt.
Coworking Spaces und Cafés meidet Jaksch, da er zum Arbeiten lieber seine Ruhe hat: „Die Remote-Arbeit ist bei mir sehr kommunikativ, da will ich niemanden nerven“, erklärt er und führt aus: „Ich unterstütze und berate Menschen dabei, Videos zu produzieren, drehe aber auch eigene Videos. Das funktioniert von überall aus und klappt auch unterwegs super.“ Der zweifache Vater hat in der Vergangenheit teilweise sogar schon auf Reisen gearbeitet – mit der Familie in Kanada und Costa Rica.
Remote-Arbeit ist eine Entscheidung für mehr Eigenverantwortung
„Viele Unternehmen glauben zur Zeit, es wäre besser, würden wieder mehr Menschen im Büro arbeiten“, beobachtet er. Zahlenmäßig sei das jedoch gar nicht tragbar, sondern eine echte Herausforderung. Jaksch plädiert deshalb dafür, dass jeder dem eigenen Beruf mit mehr Eigenverantwortung nachgehen kann. Dazu gehört natürlich auch die Fähigkeit, sich selbst motivieren zu können – wie er aus eigener Erfahrung weiß.
Für den ebenfalls selbstständigen Dateningenieur und -architekten Alexander Voigt aus Dresden findet die Remote-Arbeit seit einigen Jahren ganz klassisch im Homeoffice statt. Nur an zwei Tagen pro Monat muss er in den mehrmonatigen Projekten als externer Consultant noch vor Ort beim Kunden sein. „Früher habe ich durch das Pendeln viel Zeit verloren: montags fuhr ich zum Auftraggeber, donnerstags zurück. Nur freitags konnte ich remote tätig sein“, erinnert er sich.
„Dank Technologie arbeiten wir heute remote höchst effektiv zusammen“
Die örtliche Freiheit hat für ihn viele Vorteile – alleine ist er beim Arbeiten deshalb nicht: „Durch die Möglichkeit, in Microsoft Teams zusammenzuarbeiten und Bildschirminhalte zu teilen, sind die Outputs von Remote-Arbeit heute in der Regel gut und effektiv“, zieht er Bilanz. Das zwinge die Leute indirekt allerdings auch, zu festen Zeiten am Bildschirm zu sein, gibt er zu: Die Möglichkeiten der Technologie seien für Remote-Arbeiter somit gleichermaßen auch eine Verpflichtung zu entsprechender Effizienz.
Wie Jaksch in München schätzt auch er die Ruhe beim Arbeiten: „In Großraumbüros und Cafés könnte ich nicht sechs bis acht Stunden am Tag in Meetings und Calls hängen“, stellt Voigt klar, dessen Tätigkeit vor allem darin besteht, Lösungen für Datenstrukturen in Teams und Unternehmen zu finden: „Das gelingt am besten, wenn wir Gruppendenken praktizieren“, sagt er.
Bewusstes Co-Working, um Synergien zu schaffen
Nur dann, wenn er Projekte hat, in denen wenige Meetings stattfinden, geht Alexander Voigt auch mal in den Coworking Space, z.B. ins Quartier22 in Dresden. Dort gefällt ihm vor allem das Konzept „Zusammen ist man weniger allein“: „Man kommt dort mit Menschen in Verbindung, mit und neben denen man ansonsten nicht arbeiten würde – ein Mehrwert gegenüber der normalen Bürokultur“, findet der Dateningenieur.
Sandra Tröndle aus München ist angestellte Sales Managerin in einem der global größten Affiliate-Marketing Netzwerke und übt ihre 32-Stunden-Woche komplett remote aus: „In Coworking Spaces gehe ich kaum, da ich für meinen Job viel telefonieren muss und dafür Privatsphäre und Ruhe brauche“, sagt sie. Außerdem sei das auf Dauer auch teuer – und sie habe eine gute Alternative: „Aus meinem Campervan arbeite ich besonders gern und gemütlich“, erzählt sie.
Remote-Arbeiten im Camper Van – auch für Angestellte möglich
Doch wie kam die Münchnerin zur Remote-Arbeit im Van? „2017 reiste ich in meinem Van ein Jahr durch Australien. Ab da war für mich klar, dass ich auch zuhause möglichst viel Zeit im Camper verbringen möchte“, blickt Sandra Tröndle zurück. Während der Pandemie stellte ihr heutiger Arbeitgeber dann auf „Full Remote“ um – und hat dies bis heute beibehalten. „So habe ich die Vorzüge des Arbeitens auf Reisen kennengelernt“, resümiert die Münchnerin: „Ich habe meinen Laptop eingepackt und bin als erstes sechs Monate entlang der Atlantikküste durch Nordspanien gereist.“
Das Arbeiten von unterwegs fällt ihr nicht schwer – im Gegenteil: „Im Wohnbereich meines Campers habe ich einen fest installierten Tisch mit kleinem Set-Up für meinen Laptop. Mehr brauche ich nicht, da ich hauptsächlich am Telefon und in Videocalls bin und E-Mails verfasse.“ Fürs WLAN genügt ihr der Handy-Hotspot, für den sie einen Vertrag mit unlimitierten Daten abgeschlossen hat. „Ich achte immer darauf, dass ich an Plätzen mit mindestens zwei bis drei Balken LTE-Verbindung stehe. Strom erhalte ich durch das Solar-Setup auf dem Camper, eine Versorger-Batterie und eine externe Powerbank. So kann ich meinen Laptop bei jedem Wetter aufladen“, erklärt Tröndle.
Dem deutschen Winter entfliehen: Portugal ist der Hotspot Nr. 1
Inzwischen hat die Münchnerin nebenbei noch ihr eigenes Start-Up Camper Trader gegründet, eine Plattform für den Kauf und Verkauf von Campern und gebrauchtem Camping-Zubehör. „Mittlerweile arbeite ich sechs Monate im Jahr in München und verbringe die übrige Zeit des Jahres unterwegs in meinem Camper – hauptsächlich in Spanien und Portugal.
Portugal sei unter den Deutschen ohnehin der beliebteste, deutsche Hotspot im EU-Ausland, weiß Tröndle: „Es gibt viele Cafés, die darauf ausgelegt sind, remote zu arbeiten und man trifft dort viele Menschen, die Reisen und Arbeiten miteinander verbinden.“ Ob Portugal, Frankreich oder Kroatien: Sandra Tröndle hat in ihrem Bus schon an den ungewöhnlichsten Orten gearbeitet, z.B. an Meeresklippen, versteckt im Wald oder auf kleinen Bauernhöfen, deren Wiesen für wenig Geld an Camper vermietet werden. „Oft geht es aber gar nicht nur um den schönsten Stellplatz, sondern auch darum, wie praktisch er ist“, gibt sie zu: „Ich habe auch schon am Straßenrand von Städten gestanden – einfach, weil Einkaufsmöglichkeiten und Infrastruktur besser waren.“
„Ich schätze die Freiheit, jeden Tag woanders aufwachen zu dürfen“
Doch auch innerhalb Deutschlands ist die Sales Managerin gern mit ihrem Camper zum Arbeiten unterwegs: „Ich habe in Deutschland z.B. schon in Städten wie Leipzig, Berlin, Düsseldorf oder Hannover gearbeitet. In der Regel arbeite ich immer dort, wo ich gerade privat sein möchte.“ Die Freiheit, jeden Tag an einem neuen Ort aufwachen zu dürfen, gepaart mit der Sicherheit Geld zu verdienen und einen geregelten Alltag zu haben, ist für sie die perfekte Kombination.
Auf die wachsende Nachfrage nach Remote-Arbeit aus dem Van haben Unternehmen auf dem deutschen Markt inzwischen reagiert und stellen dafür das passende Angebot bereit: Roadsurfer Spots (www.roadsurfer.com/de), Home Office Camping (www.homeofficecamping.de) und Hinterland Camp (www.hinterland.camp) beispielsweise, die WLAN-freundliche Stellplätze vermieten.
Arbeitsort „Unterwegs“: Zug & Co.
Auch Benjamin Jaksch arbeitet regelmäßig „von unterwegs“: meist ist das allerdings auf Bahnreisen im Zug. „Eine Almhütte wäre für mich auf Grund ihrer ruhigen Lage aber auch attraktiv“, sagt der Münchner. Für Alexander Voigt aus Dresden war es ein besonderes Highlight, einmal aus dem Kapselhotel CAB20 in Hamburg zu arbeiten: „Frühmorgens an der Rezeption konnte ich mich besonders gut konzentrieren“, erinnert er sich, der damals für einen Megamarsch an die Elbe gereist war.
Im Jahr 2022 organisierte der Datenarchitekt für sich selbst sogar eine dreiwöchige Workation in Spanien. Sechs bis acht Stunden arbeitete er dabei täglich aus dem Ausland. „Spanien ist aus meiner Sicht ein guter Ort für eine Workation, besonders um den deutschen Winter zu überstehen“, betont der 40-jährige.
Coporate Workations: Retreat mit dem Arbeitgeber
Was der Dresdner in Eigenregie gemacht hat, führen manche Unternehmen inzwischen offiziell in ihre Unternehmensstrategie ein. Die „Corporate Workation“ nutzen innovative Arbeitgeber und Unternehmen vor allem dazu, um in Teambuilding und die Work-Life-Balance ihrer angestellten Mitarbeiter zu investieren. Komplette Teams, teils auch Unternehmen, fahren dann gemeinsam an einen Erholungs- oder Abenteuerort, um gemeinsam in neuem Setting zu arbeiten – und Freizeit zu genießen.
David Hillmer, Geschäftsführer der HelloNew GmbH in Wiesbaden, hat 2023 mit seinem Unternehmen eine solche, zweiwöchige Workation durchgeführt. Zusammen mit seinem damals 20-Köpfigen Team reiste er nach Südafrika, arbeitete in der Sonne und verbrachte Qualitätszeit mit seinen Kollegen, während es in Deutschland kalt und dunkel war. „Den Vorteil einer Workation sehe ich vor allem darin, dass man als Team zusammenwächst, in einer Art und Intensität, die es im Büro niemals geben kann“, zieht der Unternehmer Bilanz.
Auch in puncto Workation findet man inzwischen bundesweit zunehmend Angebote, die auf den steigenden Bedarf reagieren: Im Umland von Berlin bietet beispielsweise Coconat (www.coconat-space.com/de) Räumlichkeiten für konzentrierte Teamarbeit auf dem Land. Größer aufgezogen sind Anbieter wie Project Bay (www.project-bay.de) und Outsite (www.outsite.co), die europaweit, teils sogar international Apartments, Studios und Häuser für Workations an Unternehmen vermieten.
Fazit: Remote-Arbeit ist vielschichtig – und nicht mehr aufzuhalten
Klar ist, die meisten Arbeitgeber kommen heute an Remote-Arbeit kaum noch vorbei. Nicht nur deshalb, weil sie Mitarbeiter größtenteils effizienter arbeiten lässt, sondern auch, weil sie den unterschiedlichen und individuellen Bedürfnissen der Arbeitnehmer oftmals besser entgegenkommt als die Präsenzpflicht im Büro. Da verwundert es auch nicht, dass laut einer Statista-Erhebung von 2024 für mehr als 80 Prozent der Deutschen die Homeoffice-Möglichkeit inzwischen eine wichtige Rolle bei der Auswahl ihres Arbeitgebers spielt.