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WHO-Chef an Israel: „Stoppt die Angriffe auf Krankenhäuser“
Die israelische Armee hatte das letzte teilweise funktionstüchtige Krankenhaus in Nord-Gaza gestürmt und Patienten sowie medizinisches Personal gewaltsam evakuiert. Laut dem Roten Kreuz ist das Gesundheitssystem dort nun „ausgelöscht“.
WHO-Chef an Israel: „Stoppt die Angriffe auf Krankenhäuser“
WHO-Chef an Israel: „Stoppt die Angriffe auf Krankenhäuser“ / Photo: AA
31. Dezember 2024

Nach der Erstürmung des Kamal-Adwan-Krankenhauses durch die israelische Armee haben die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das Rote Kreuz sich äußerst besorgt über die gesundheitliche Versorgung im Gazastreifen geäußert. „Krankenhäuser im Gazastreifen sind erneut zu Schlachtfeldern geworden und das Gesundheitssystem ist ernsthaft bedroht“, erklärte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am Montag in Genf. Nach Einschätzung des Roten Kreuzes ist im Norden des Palästinensergebiets das Gesundheitssystem durch den israelischen Vernichtungskrieg bereits „ausgelöscht“.

Das Kamal-Adwan-Krankenhaus im nördlichen Gazastreifen sei nach dem israelischen „Angriff, der erzwungenen Evakuierung der Patienten und des Personals sowie der Festnahme seines Direktors außer Betrieb“, kritisierte Tedros. Das letzte teilweise funktionstüchtige Krankenhaus in dem vom Krieg verwüsteten Norden des Palästinensergebiets war von Abu Safiya geleitet worden, bis die Klinik am Freitag und Samstag von der israelischen Armee gestürmt wurde. „Wir fordern seine umgehende Freilassung“, schrieb WHO-Chef Tedros mit Blick auf Abu Safiya im Onlinedienst X.

Nach WHO-Angaben war das Krankenhaus in der Stadt Beit Lahia nach dem israelischen Angriff vollständig geräumt worden. Patienten und Personal seien gewaltsam in ein anderes Krankenhaus gebracht worden, das aber nicht über die notwendige Ausrüstung für ihre Behandlung verfüge.

Indonesisches Krankenhaus ebenfalls nicht funktionsfähig

Tedros erklärte, in Lebensgefahr schwebende Patienten aus dem Kamal-Adwan-Krankenhaus seien in das Indonesische Krankenhaus verlegt worden, welches jedoch ebenfalls „nicht mehr funktioniert“.

Die WHO und ihre Partner hätten am Montag medizinische Grundversorgung, Lebensmittel und Wasser an das Indonesische Krankenhaus geliefert. Zehn in Lebensgefahr schwebende Patienten seien in das Schifa-Krankenhaus in Gaza verlegt worden. Sieben Patienten und 15 medizinische Mitarbeiter befänden sich jedoch weiterhin in dem „schwer beschädigten“ Indonesischen Krankenhaus.

„Wir wiederholen: Stoppt die Angriffe auf Krankenhäuser“, erklärte Tedros an Israel gerichtet. „Die Menschen im Gazastreifen brauchen Zugang zu medizinischer Versorgung. Humanitäre Helfer müssen Zugang haben, um medizinische Hilfe leisten zu können.“

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) warnte am Montag in Genf, durch die anhaltenden Angriffe der israelischen Armee seien die Krankenhäuser im Norden des Gazastreifens absolut „nicht mehr betriebsbereit“. Sie hätten „das Gesundheitssystem im nördlichen Gazastreifen ausgelöscht und Zivilisten dem inakzeptabel großen Risiko ausgesetzt, ohne lebensrettende Versorgung da zu stehen“, hieß es in der IKRK-Erklärung.

Die Hilfsorganisation rief zum Schutz medizinischer Einrichtungen im Gazastreifen auf, um internationalem Recht sowie einem „moralischen Imperativ zum Schutz menschlichen Lebens“ gerecht zu werden.

Das IKRK verwies darauf, dass der Betrieb des Kamal-Adwan-Krankenhauses sowie des Indonesischen Krankenhauses im Gazastreifen mittlerweile nicht mehr möglich sei. Dadurch wachse der Druck auf das vom IKRK mit Lieferungen unterstützte Awda-Krankenhaus. Das medizinische Personal sei mit immer mehr Hilfsbedürftigen konfrontiert und leide zugleich unter einem Mangel an medizinischer Ausrüstung, Treibstoff und Lebensmitteln sowie der „zunehmend gefährlichen Lage“ im Norden des Gazastreifens.

Israelischer Vernichtungskrieg in Gaza

Israel hatte nach dem Vergeltungsschlag der Widerstandsorganisation Hamas am 7. Oktober 2023 einen Vernichtungskrieg in Gaza gestartet. Erklärtes Ziel ist die Zerschlagung der Hamas, doch es wurden bisher Zehntausende Zivilisten getötet.

Israel stoppte die Versorgung des Gazastreifens mit Wasser, Lebensmitteln, Treibstoff und Strom und startete zugleich massive Luftangriffe. Anschließend drangen Bodentruppen in den dicht besiedelten Küstenstreifen ein.

Humanitäre Hilfslieferungen werden von Israel behindert. Mehr als eine Million Menschen wurden gezwungen, in den Süden zu flüchten. Mittlerweile ist die Infrastruktur in Gaza fast komplett zerstört und es gibt kaum noch unbeschädigte Gebäude. UN-Organisationen bezeichnen die humanitäre Lage vor Ort als katastrophal.

Von den 36 Krankenhäusern in Gaza sind nur noch wenige teilweise in Betrieb. Zudem leidet laut Hilfsorganisationen ein Großteil der rund zwei Millionen Menschen an Infektionskrankheiten, die aktuell nicht behandelt werden können.

Nach palästinensischen Angaben wurden in Gaza seit dem 7. Oktober 2023 mehr als 45.500 Menschen getötet und mehr als 108.300 verletzt. Die Zahl könnte weit höher sein, da noch viele Tote unter den Trümmern liegen und nicht geborgen werden können. Beim Großteil der Todesopfer handelt es sich laut örtlichen Berichten um Frauen und Kinder. Zudem sollen rund 10.000 Palästinenser von israelischen Soldaten verschleppt worden sein.

QUELLE:TRT Deutsch und Agenturen
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