Der neue syrische Machthaber Ahmed al-Scharaa hat am Freitag den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH), Karim Khan, in Damaskus empfangen. Al-Scharaa und der Außenminister der neuen syrischen Regierung, Assaad al-Schaibani, trafen mit einer von Khan geleiteten Delegation des Haager Tribunals zusammen, wie die amtliche Nachrichtenagentur Sana berichtete. Die Agentur veröffentlichte auch Fotos von dem Treffen.
Nach Angaben aus Khans Büro war der Chefankläger auf Einladung der syrischen Übergangsregierung nach Damaskus gereist. Ziel des Besuchs sei es, zu erörtern, wie der IStGH die neuen syrischen Behörden bei ihren Bemühungen unterstützen kann, die Verantwortlichen für die unter dem gestürzten Machthaber Baschar al-Assad begangenen Gräueltaten zur Rechenschaft zu ziehen.
Khan habe seine Dankbarkeit für die offenen und konstruktiven Gespräche während seines Besuchs zum Ausdruck gebracht, bei dem weitere Maßnahmen besprochen worden seien, hieß es aus seinem Büro weiter.
Unter Assad waren in den syrischen Gefängnissen zehntausende Menschen unter grausamen Bedingungen festgehalten und gefoltert worden. Assad wird zudem vorgeworfen, chemische Waffen gegen die Bevölkerung eingesetzt zu haben.
Der IStGH mit Sitz in Den Haag verfolgt seit 2002 besonders schwerwiegende Vergehen wie Kriegsverbrechen. Assad hatte eine Zusammenarbeit mit dem Gericht stets abgelehnt. Da Syrien dem Römischen Statut zum Internationalen Strafgerichtshof nicht beigetreten ist, konnte dieser bisher dort nicht ermitteln.
Assad war am 8. Dezember nach mehr als 13 Jahren an der Macht von Rebellenkämpfern unter Führung der HTS-Miliz gestürzt worden und nach Moskau geflohen. Die von HTS-Chef al-Scharaa angeführten Kräfte ernannten eine Übergangsregierung und versprachen, den Opfern der unter Assad erfolgten Verbrechen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen.
In dem nach Assads brutaler Niederschlagung von regimefeindlich Protesten im Jahr 2011 begonnenen Bürgerkrieg in Syrien sind rund 500.000 Menschen ums Leben gekommen.