Nach der humanitären Hilfe stoppt Israel auch die Stromlieferungen in den Gazastreifen. „Ich habe gerade die Anweisung unterzeichnet, sofort die Stromversorgung für den Gazastreifen einzustellen“, sagte Energieminister Eli Cohen am Sonntag. Der US-Gesandte Adam Boehler, der kürzlich direkte Gespräche mit der Hamas geführt hatte, hofft unterdessen „innerhalb weniger Wochen“ auf eine Vereinbarung zur Freilassung israelischer Geiseln.
„Wir werden alle uns zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um alle Geiseln zurückzubringen und sicherzustellen, dass die Hamas (am Tag nach dem Krieg) nicht mehr im Gazastreifen ist“, sagte Energieminister Cohen bei der Ankündigung des Strom-Stopps. Der Hamas-Vertreter Issat al-Rischk warf Israel „billige und inakzeptable Erpressungstaktiken“ vor.
Eine Woche zuvor hatte Israel bereits Hilfslieferungen in das abgeriegelte Palästinensergebiet gestoppt. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu will nach eigenen Angaben mit dem rigorosen Vorgehen die Hamas dazu bewegen, seine Bedingungen für die zweite Phase der Waffenruhe zu akzeptieren.
In der am 1. März ausgelaufenen ersten Phase des mit Hilfe internationaler Vermittler geschlossenen Abkommens hatte die Hamas 33 Festgehaltene an Israel übergeben, darunter acht Tote. Im Gegenzug kamen rund 1.800 palästinensische Gefangene aus israelischen Gefängnissen frei. Über die zweite Phase des Abkommens wird immer noch verhandelt.
USA verhandeln mit der Hamas
Im Zuge der Verhandlungen hatte der US-Gesandte Boehler kürzlich direkte Verhandlungen mit der Hamas geführt. Er verstehe Israels Ablehnung, sagte Boehler am Sonntag dem Fernsehsender CNN. Aber das direkte Treffen mit der Hamas sei „sehr hilfreich" gewesen und er sei zuversichtlich, dass „innerhalb weniger Wochen“ eine Vereinbarung zur Übergabe der festgehaltenen Israelis getroffen werden könne. Zugleich schloss Boehler weitere Treffen mit der Hamas nicht aus.
Israel hat für die zweite Phase eine „vollständige Entmilitarisierung des Gazastreifens“ und die Übergabe der verbliebenen Israelis zur Bedingung gemacht. Es wird vermutet, dass sich noch 58 festgehaltene Israelis in Gaza befinden. Mehrere davon wurden bei Angriffen des israelischen Militärs getötet.
Die Hamas wiederum fordert für die zweite Phase des Abkommens einen vollständigen Rückzug Israels aus dem Gazastreifen, wie ein Vertreter der palästinensischen Widerstandsorganisation der Nachrichtenagentur AFP am Sonntag sagte. Zudem müsse es ein Ende der „Blockade“ des Küstenstreifens, dessen Wiederaufbau sowie finanzielle Unterstützung geben.
Netanjahus Büro hatte am Samstag erklärt, Israel werde am Montag eine Delegation zu Gesprächen über den Fortgang der Waffenruhe nach Katar entsenden. Hamas-Vertreter wiederum hatten am Sonntag in Kairo mit den internationalen Vermittlern gesprochen.
Israelische Angriffe auf Gaza
Israel hat laut örtlichen Berichten einen Luftangriff auf das Stadtviertel Shejaiya, im Osten von Gaza-Stadt durchgeführt. Bei dem Angriff am Sonntag wurden demnach drei Palästinenser getötet und mindestens zwei weitere verletzt.
Nach Angaben des Generaldirektors des palästinensischen Gesundheitsministeriums, Munir al-Barsh, hat Israel seit Beginn der Waffenruhe 92 Palästinenser getötet und 822 weitere verletzt. Das Medienbüro in Gaza meldete Mitte Februar insgesamt 350 Verstöße Israels gegen die Waffenruhe.
Israel begann nach dem Vergeltungsschlag der Hamas am 7. Oktober 2023 einen Vernichtungskrieg in Gaza. Laut Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums wurden bis zur Waffenruhe am Sonntagmorgen mehr als 48.400 Menschen getötet und mindestens 111.800 weitere verletzt.