Deutsche Sicherheitsbehörden haben sehr skeptisch auf einen ZDF-Bericht reagiert, wonach Russland hinter den mutmaßlich extremistischen Anschlägen im Vorfeld von Wahlen in Deutschland stecken könnte. „Die Ergebnisse aus Google Trends sind für die dargestellten Analyse- und Auswertemethoden nicht geeignet und auch nicht valide einsetzbar“, sagte ein Sprecher des Bundesnachrichtendienstes (BND) der Nachrichtenagentur Reuters am Montag. Auch andere Vertreter von Sicherheitsbehörden äußerten Zweifel.
Das ZDF hatte am Sonntag in einem „Terra X History“-Stück berichtet, dass man gemeinsam mit dem Internet-Profiler Steven Broschart durch die Auswertung von Daten des Dienstes Google Trends auf verdächtige Suchanfragen aus Russland im Vorfeld der Anschläge gestoßen sei. So habe es offenbar Suchanfragen aus Russland nach einem „Terroranschlag in Mannheim“ bereits vier Tage vor dem Anschlag gegeben. Im vergangenen Jahr hatte es mehrere Anschläge vor der Europawahl und den Landtagswahlen in Ostdeutschland gegeben, aber auch vor der Bundestagswahl im Februar kam es zu solchen Anschlägen. Diese werden für die hohen Wahlergebnisse der AfD mitverantwortlich gemacht.
Sicherheitsbehörden bezweifeln aber die Aussagekraft der Recherche: Die Ergebnisse der Trendanalyse griffen nicht auf die Anzahl der tatsächlich in einer gewählten Region und zur gewählten Zeit getätigten Suchen zu, sondern auf Stichproben und daraus errechnete Wahrscheinlichkeiten. „Es werden dabei nicht zwangsläufig die eingegebenen exakten Begriffe untersucht, sondern auch Wortstämme oder auch nur einzelne Wörter der Abfrage“, sagte der BND-Sprecher.
Bei Trendanalysen mit zu kleinen Suchvolumina entstünden aufgrund der Algorithmen, die nicht für diese Art der Nutzung ausgelegt seien, sogenannte Artefakte. „Die vermeintliche Korrelation mit diesen Artefakten und einem Russland-Bezug kann auch für zahlreiche andere Länder reproduziert werden, was eine Zuweisung zu Russland als wenig plausibel erscheinen lässt“, hieß es. Zudem werde auch eine anonymisierende VPN-Nutzung nicht verlässlich durch Google Trends berücksichtigt. „Suchanfragen lassen daher nur bedingt oder gar keine Rückschlüsse auf den tatsächlichen Standort des Nutzers zu“, sagte der BND-Sprecher mit Verweis auf den angeblichen Russland-Bezug.
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums verwies darauf, dass man solche Vermutungen ernst nehme. Es liefen Überprüfungen auch in diese Richtung. Bisher gebe es aber keine klaren Anhaltspunkte. In Betracht kämen eher Nachahmungseffekte bei den Anschlägen, etwa bei psychisch labilen Tätern oder Extremisten. Das sei aber alles Teil von Ermittlungen, die zum Teil durch den Generalbundesanwalt geführt würden.
Die Häufung der Anschläge im Vorfeld der Bundestagswahl sei allerdings sehr auffällig gewesen, sagte der SPD-Innenpolitiker Dirk Wiese der Funke-Mediengruppe. Daher müsse über die Aufklärung der einzelnen Taten hinaus in alle Richtungen ermittelt werden, um mögliche Zusammenhänge zu erkennen. „Verwicklungen Russlands sind hier alles andere als ausgeschlossen“, sagte Wiese. Der FDP-Sicherheitsexperte Konstantin Kuhle forderte, sowohl Nachrichtendienste als auch die Strafverfolgungsbehörden müssten „eine mögliche Verstrickung Russlands in terroristische Anschläge in Deutschland“ prüfen.