In Griechenland muss sich die Mitte-Rechts-Regierung noch in dieser Woche einem Misstrauensvotum wegen des tödlichen Zugunglücks von 2023 mit 57 Toten stellen. Es ist aber unwahrscheinlich, dass das Vorhaben Erfolg hat, da das Regierungsbündnis die Mehrheit der Abgeordneten im Parlament stellt. Gleichwohl zeigt sich, dass die Katastrophe die Menschen im Land noch immer bewegt. Erst am Freitag waren hunderttausende Menschen auf den Straßen, um den zweiten Jahrestag des schlimmsten Zugunglücks des Landes zu begehen und Gerechtigkeit für die Opfer zu fordern. Sie warfen der Regierung von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis vor, sich vor der Verantwortung für das Unglück zu drücken, Sicherheitslücken nicht zu schließen und Beweise zu vertuschen.
Am 28. Februar 2023 war ein Passagierzug, in dem viele Studierende unterwegs waren, mit einem Güterzug in der Nähe der Tempi-Schlucht im Zentrum des Landes zusammengestoßen. 57 Menschen kamen ums Leben. Die juristische Untersuchung des Unglücks ist noch nicht abgeschlossen. Bislang wurde niemand in Zusammenhang mit dem Unfall verurteilt. Jüngst war eine Untersuchung zu dem Schluss gekommen, dass Sicherheitslücken, die zu dem Unglück führten, nach wie vor bestehen.
Den Misstrauensantrag reichten am Mittwoch unter anderem Abgeordnete der größten Oppositionspartei Pasok während einer Parlamentsdebatte über das Unglück ein. Die Abstimmung ist für Freitagnachmittag geplant. Die Regierung, dessen Bündnis 156 der 300 Abgeordneten stellt, hat jedes Fehlverhalten abgestritten. In seiner Rede vor dem Parlament sagte Mitsotakis, die Anschuldigungen der Opposition bedrohten die innenpolitische Stabilität in turbulenten internationalen Zeiten. Er fügte hinzu, seine Regierung werde das Eisenbahnnetz, das von einem staatlichen Unternehmen betrieben wird, bis 2027 modernisieren und ein ausländisches Unternehmen mit der Wartung beauftragen.
Am Mittwochabend kam es im Zuge von Protesten zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und Demonstranten in verschiedenen Stadtteilen von Athen. Die Polizei setzte Tränengas ein. Für diese Woche sind weitere Proteste geplant.