Im Ringen um eine Waffenruhe für die Ukraine hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj der russischen Seite vorgeworfen, sie wolle vor möglichen Verhandlungen eine „stärkere Position“ auf dem Schlachtfeld erreichen. „Sie wollen die Lage für sich auf dem Schlachtfeld verbessern“, sagte Selenskyj am Samstag bei einer Pressekonferenz in Kiew mit Blick auf Russland. Dies sei der Grund für die Verzögerungen beim Gesprächsprozess.
Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron machte am Samstag deutlich, dass der „Druck“ auf Russland zusammen mit den USA für das Erreichen einer Waffenruhe „klar“ bestehen müsse. Auch Macron erhob den Vorwurf, dass Russland „die Kämpfe verstärkt“ und dass Kremlchef Wladimir Putin „alles erreichen, dann verhandeln will“. Russland „antwortet nicht auf den Vorschlag der USA und der Ukraine“, kritisierte er in einer Mitteilung.
In die Bemühungen um eine Waffenruhe war zuletzt Bewegung gekommen, nachdem die Ukraine bei Gesprächen mit den USA in Saudi-Arabien einem US-Vorschlag für eine 30-tägige Feuerpause zugestimmt hatte. Der US-Sondergesandte Steve Witkoff stellte den US-Vorschlag am Donnerstag in Moskau vor und sprach mit Putin. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte, daraufhin könnten auch Putin und US-Präsident Donald Trump miteinander sprechen. Der Kreml äußerte sich ebenso wie US-Außenminister Marco Rubio „vorsichtig optimistisch“.
Putin hatte zuvor zwar eine Waffenruhe befürwortet, zugleich aber Bedingungen gestellt. So müsse eine Waffenruhe „zu einem dauerhaften Frieden führen und die tieferliegenden Ursachen dieser Krise angehen“. Auch äußerte der Kreml den Vorwurf, dass Kiew eine Waffenruhe dafür nutzen könnte, sich wieder zu bewaffnen und neue Soldaten zu rekrutieren. Auch bei der Überwachung einer Waffenruhe gab es in Moskau Vorbehalte.
„Putin lügt (...) an dem Punkt, dass eine Waffenruhe angeblich zu kompliziert sei. In Wirklichkeit kann alles kontrolliert werden und wir haben das mit den Amerikanern diskutiert“, erklärte Selenskyj am Samstag im Onlinedienst X. Er machte auch deutlich, dass die Gebietsfragen „komplex“ seien. „Unsere Position ist, dass wir auf keinen Fall die besetzten ukrainischen Gebiete als russisch anerkennen“, betonte er. Dies müsse „später am Verhandlungstisch gelöst“ werden. Die USA hätten „dieses Problem“ bei den Gesprächen in Saudi-Arabien aufgebracht. Selenskyj versicherte: „Sie hatten die ukrainische Position.“ Er fügte hinzu: „Die roten Linien sollten gleich genannt werden.“
Selenskyj legte auch die Zusammensetzung der ukrainischen Verhandlungsdelegation für mögliche Gespräche über einen „gerechten Frieden“ mit Russland fest, wie es in einem am Samstag veröffentlichten Dekret hieß. Demnach sollen Präsidialamtschef Andrij Jermak, Außenminister Andrij Sybiha, Verteidigungsminister Rustem Umerow und der Vize-Chef des Präsidentenbüros, Pawlo Palisa, der ukrainischen Verhandlungsdelegation angehören. Die vier waren bereits an den Gesprächen mit den USA in Saudi-Arabien vor wenigen Tagen beteiligt.