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Bundeswehrflug aus Kabul mit sieben Menschen - Kritik von der Opposition
Die erste Evakuierungs-Maschine der Bundeswehr hatte nur sieben Personen aus Kabul an Board. Nun hagelt es Kritik. Die Bundeswehr habe zwar Rest-Bier mitgenommen, aber kaum Ortskräfte, monierte Linken-Politiker Pflüger.
Bundeswehrflug aus Kabul mit sieben Menschen - Kritik von der Opposition
16.08.2021, Niedersachsen, Wunstorf: Ein Transportflugzeug vom Typ Airbus A400M der Luftwaffe rollt über das Gelände vom Fliegerhorst Wunstorf in der Region Hannover. Angesichts des rasanten Vormarschs der Taliban in Afghanistan hat die Bundeswehr mit der Evakuierung deutscher Staatsbürger und afghanischer Ortskräfte aus Kabul begonnen. / DPA
17. August 2021

Wegen der gefährlichen Lage am Flughafen Kabul konnte die erste Evakuierungs-Maschine der Bundeswehr am Montag nur sieben Menschen aus der afghanischen Hauptstadt ausfliegen. „Aufgrund der chaotischen Umstände am Flughafen und regelmäßiger Schusswechsel am Zugangspunkt war gestern Nacht nicht gewährleistet, dass weitere deutsche Staatsangehörige und andere zu evakuierende Personen ohne Schutz der Bundeswehr überhaupt Zugang zum Flughafen erhalten würden“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Dienstag zur Begründung.

Der Airbus A400M ist offiziell für 114 Passagiere ausgelegt. Es heißt aber, dass während der Evakuierungsaktion bis zu 150 Menschen mit ihm transportiert werden könnten. Bei den Ausgeflogenen handelt es sich um fünf Deutsche, eine Person aus einem anderen europäischen Land und eine afghanische Ortskraft, die für die Bundeswehr oder ein Bundesministerium tätig war oder ist.

Die Evakuierung von mehr Menschen sei „nicht ermöglicht“ worden

Mehr Menschen konnten die Maschine auf dem Rollfeld nicht erreichen. Ein Zugang von Personen, die sich am zivilen Teil des Flughafens aufgehalten hätten, sei „von den Partnern, die die Sicherheitsverantwortung am Flughafen ausüben, nicht ermöglicht“ worden, erklärte der Sprecher weiter. Das Flugzeug habe den Flughafen außerdem nach kurzer Zeit wieder verlassen müssen. „Aufgrund der gerade abends und nachts äußerst gefährlichen Lage auf den Zufahrtswegen zum Flughafen wäre es ein untragbares Risiko für Leib und Leben der Menschen vor Ort gewesen, die zu Evakuierenden vor Erteilung der Landeerlaubnis und vor Sicherung des Zugangs durch Bundeswehrkräfte aufzurufen, sich zum Flughafen zu begeben.“

Die Bundeswehr hatte erst mit dieser ersten Maschine die Fallschirmjäger der für Evakuierungsaktionen speziell ausgebildeten Division Schnelle Kräfte nach Kabul bringen können. „Mit Unterstützung der jetzt in Kabul eingetroffenen Kräfte der Bundeswehr arbeiten wir unter Hochdruck daran, dies im Laufe der nächsten Stunden für erste Evakuierungsgruppen zu ermöglichen“, erklärte der Sprecher.

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hatte am Morgen in der ARD gesagt, dass der Flug unter äußerst schwierigen Bedingungen erfolgt sei. „Wir haben eine sehr unübersichtliche, gefährliche, komplexe Situation am Flughafen, vor allen Dingen durch die Menschenmengen“, sagte die CDU-Politikerin.

Kritik an Exit-Strategie: „Bierdosen ausgeflogen, aber keine Menschen“

Die umstrittene Evakuierungsaktion der Bundeswehr sorgt auch von Seiten der Opposition für scharfe Kritik. Der Bundesregierung sei bei der Abzugsstrategie eine „tragische Fehleinschätzung“ unterlaufen, sagte der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Tobias Lindner, gegenüber dem Südwestrundfunk (SWR) am Montag. Es könne nicht sein, „dass Bierdosen ausgeflogen werden, aber keine Menschen“, monierte Lindner.

Der verteidigungspolitische Sprecher der Linken, Tobias Pflüger, hatte bereits am Sonntag dem Außenministerium Versagen vorgeworfen. Das Auswärtige Amt sei bereits vor Wochen vom Bundeskabinett beauftragt worden, Evakuierungspläne vorzulegen. Das sei aber nicht geschehen. Stattdessen habe die Bundesregierung lediglich die Evakuierung von Bundeswehrsoldaten und militärischen Geräten priorisiert. „Die Bundeswehr hat bei ihren Flügen raus aus Afghanistan zwar Rest-Bier und Gedenksteine mitgenommen, aber kaum Ortskräfte“, sagte Pflüger. Damit habe man den chaotischen Abzug in Kauf genommen. „Das ist und bleibt skandalös.“

Der Linken-Politiker bezog sich damit auf ein skurriles Detail, das beim Bundeswehrabzug bekannt geworden war. Demnach werden bereits seit Monaten große Mengen an alkoholischen Getränken aus dem Land geschafft. Mit einer gemieteten Flugmaschine wurden laut Medienberichten alleine im Juni zehntausende Dosen Bier und Radler sowie hunderte Flaschen Wein und Sekt abtransportiert.

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