Für Operationen mangelt es in Krankenhäusern im Gazastreifen mittlerweile selbst an Skalpellen. „Alles, was wir jetzt verwenden, sind unsere letzten Ressourcen, wir haben jetzt nur noch eine Größe übrig für die Skalpelle, und das passt für ganz viele Operationen einfach nicht“, schildert die britische Chirurgin Victoria Rose im „heute Journal“ des ZDF die desaströse Lage. Auch Anästhetika fehlten: „Wenn wir operieren, dann halten andere Mediziner diese Patienten fest.“ Viele könnten gar nicht betäubt werden. „Es ist wirklich barbarisch.“
Rose ist seit Ausbruch des israelischen Vernichtungskriegs zum dritten Mal im Gazastreifen. Am Mittwoch habe sie in dem Hospital in Chan Junis im Süden des abgeriegelten Küstenstreifens zehn Patienten operiert, begonnen habe es am Morgen mit einem Dreijährigen, dessen Körperoberfläche - Arme, Beine, Gesicht, Oberkörper - durch eine Explosion zu 45 Prozent verbrannt sei. Später habe sie ein vierjähriges Mädchen behandelt - sie hätten entschieden, ihren Arm nicht zu amputieren, der Rest der Hand sei nicht mehr vorhanden gewesen. „All die Patienten haben Gliedmaßen verloren, ganze Gliedmaßen verloren, oder Brandverletzungen erlitten. Die Hälfte davon war unter 10 (Jahre).“
„Wir schaffen es nicht, so viele Menschen zu retten wie es in Europa möglich wäre, aber wir retten Menschen - und deshalb machen wir weiter“, sagte Rose dem ZDF. Die Menschen seien unterernährt, das sehe man sofort an den Kindern, sie seien sehr viel kleiner als die Kinder im Westen. Sie hätten nicht die Möglichkeit, dass ihre Wunden heilten, weil ihnen Vitamine und Mineralien fehlten. Deswegen gebe es auch sehr viele Infektionen. Bei vielen Kindern fehlten Zähne, die zweijährige Tochter einer Freundin habe Haarausfall.
Ihre Motivation erklärte Rose auch damit, ihren Kollegen vor Ort helfen zu wollen. So könnten sie auch mal Pause machen. „Das ist unglaublich wichtig.“
Im Norden des Gazastreifens sind nach Angaben der Gesundheitsbehörde mittlerweile alle Kliniken aufgrund der israelischen Angriffe außer Betrieb.
Israels Vernichtungskrieg gegen Gaza
Israel hatte nach dem Vergeltungsschlag der palästinensischen Widerstandsorganisation Hamas am 7. Oktober 2023 einen Vernichtungskrieg in Gaza gestartet. Erklärtes Ziel ist die Zerschlagung der Hamas, doch es wurden bisher Zehntausende Zivilisten getötet.
Nach palästinensischen Angaben wurden in Gaza seit dem 7. Oktober 2023 mehr als 53.600 Menschen durch israelische Angriffe getötet und rund 121.900 weitere verletzt. Beim Großteil der Todesopfer handelt es sich demnach um Frauen und Kinder.
Die Zahl könnte weit höher sein, da noch viele Tote unter den Trümmern liegen und nicht geborgen werden können. Zudem sollen rund 10.000 Palästinenser von israelischen Soldaten verschleppt worden sein.
Menschenrechtsorganisationen beschreiben die humanitäre Lage in Gaza als katastrophal. Hilfsorganisationen zufolge drohen Hunderttausende Palästinenser zu verhungern oder zu verdursten.
Der Einsatz von Hunger als Kriegswaffe verstößt gegen das Völkerrecht und gilt als Kriegsverbrechen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit.