Wie ernst ist Chinas Warnung, „bis zum Ende zu kämpfen“, im Konflikt mit den USA?
WELT
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Wie ernst ist Chinas Warnung, „bis zum Ende zu kämpfen“, im Konflikt mit den USA?Während China und die USA sich in einem scharfen Schlagabtausch über gegenseitige Strafzölle befinden, entfalten sich die globalen Auswirkungen dieses hochriskanten wirtschaftlichen Konflikts weiter.
Wie ernst ist Chinas Warnung, „bis zum Ende zu kämpfen“, im Konflikt mit den USA? / Photo: AP
8. März 2025

Von Abhishek G Bhaya

Die Handelskonflikte zwischen China und den USA haben sich erneut verschärft. Mit gegenseitigen Strafzöllen und scharfer Rhetorik stehen sich die beiden größten Volkswirtschaften der Welt gegenüber. Experten diskutieren, ob es sich um politisches Muskelspiel handelt oder ob die Welt bereits in einen umfassenden Handelskrieg eingetreten ist.

„Wenn die USA einen Krieg wollen – sei es ein Zollkrieg, ein Handelskrieg oder irgendeine andere Form von Krieg –, sind wir bereit, bis zum Ende zu kämpfen“, erklärte die chinesische Botschaft in den USA am 5. März in einem Beitrag auf X (ehemals Twitter). Diese Aussage zitierte eine offizielle Stellungnahme des chinesischen Außenministeriums vom Vortag.

Einige Analysten bewerten Chinas jüngste Erklärung – insbesondere die explizite Bereitschaft, „jeden Krieg bis zum Ende zu führen“ – als beispiellos. Sie könnte die bislang aggressivste Haltung Pekings in der wirtschaftlichen Auseinandersetzung mit Washington markieren und auf eine strategische Eskalation hindeuten. Doch chinesische Experten sehen in der Rhetorik keine grundlegende Änderung der chinesischen Position.

Henry Huiyao Wang, ehemaliger Berater des Staatsrats von China, weist die Annahme zurück, dass Peking eine neue Eskalationsstufe erreicht habe.

„Nein, ich denke nicht, dass dies eine Abweichung von früheren chinesischen Positionen darstellt“, erklärt er gegenüber TRT World. Er betont, dass Chinas Gegenzölle weiterhin moderat ausfielen im Vergleich zu den drastischen US-Strafzöllen.

„China hat nur auf 80 bis 100 Produktkategorien Zölle erhoben, während die USA Zölle auf alle Produktkategorien erhöht haben. Daher sehe ich dies nicht als Vergeltungsmaßnahme, sondern als eine zurückhaltende, symbolische Reaktion Chinas.“

Seiner Einschätzung nach richtet sich die harte Rhetorik eher an die heimische Bevölkerung als an den internationalen Markt.

Taktisches Kalkül oder ernsthafte Eskalation?

Doch könnte die Wortwahl Pekings auch ein taktisches Mittel sein, um die Verhandlungsposition zu stärken?

Rorry Daniels, Geschäftsführerin des Asia Society Policy Institute, sieht in der chinesischen Haltung einen strategischen Zug.

„China hat entschieden, dass es keinen Vorteil bringt, eine schwächere Position einzunehmen, bevor Verhandlungen beginnen. Peking hat sich Trumps Prioritäten genau angesehen und versucht nun, Druckmittel für harte Verhandlungen zu schaffen“, erklärt sie aus New York gegenüber TRT World.

Dies erkläre auch, warum China gezielt US-amerikanische Agrarprodukte ins Visier nehme und eine aggressivere Sprache verwende.

Andere Experten warnen jedoch davor, Chinas Erklärung überzubewerten.

Julien Chaisse, Professor für Wirtschaftsrecht an der City University of Hong Kong, argumentiert, dass die harte Rhetorik nicht unbedingt eine radikale Wende bedeute.

„China hat Handelsstreitigkeiten mit den USA schon immer als Teil eines größeren Konflikts gegen wirtschaftlichen Druck dargestellt. Daran hat sich meiner Meinung nach nichts geändert“, sagt er.

Die Formulierung „bis zum Ende kämpfen“ klinge zwar hart, aber Chinas tatsächliche Maßnahmen blieben weiterhin strategisch abgewogen und reaktiv auf Washingtons Handlungen.

Bereits am 7. März 2023 hatte der damalige chinesische Außenminister Qin Gang die US-Politik als „Nullsummenspiel“ bezeichnet und gewarnt, dass die USA „auf eine Konfrontation zusteuern“, wenn sie ihre „Eindämmungspolitik“ gegenüber China fortsetzen.

Sind wir in einem vollständigen Handelskrieg?

Die jüngsten chinesischen Drohungen folgten auf die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, am 4. März zusätzliche 10 Prozent Zölle auf chinesische Importe zu verhängen. Damit stiegen die kumulierten Strafzölle innerhalb eines Monats auf 20 Prozent.

Als Reaktion kündigte Peking an, ab dem 10. März neue Strafzölle von bis zu 15 Prozent auf zentrale US-Produkte wie Hühnerfleisch, Schweinefleisch, Sojabohnen und Rindfleisch zu erheben. Zusätzlich wurden Exportbeschränkungen sowie erweiterte Kontrollen für Geschäfte mit US-Unternehmen angekündigt.

Während Washington seine wirtschaftliche Offensive verstärkt und China mit gezielten Gegenmaßnahmen reagiert, argumentieren einige Beobachter, dass die Situation nun tatsächlich die Schwelle zu einem umfassenden Handelskrieg überschritten hat.

Daniels vom Asia Society Policy Institute warnt:

„Ein eskalierender Zollstreit könnte in einem Handelskrieg enden, bei dem die Frage ist, wer zuerst nachgibt.“

Da beide Seiten eine öffentliche Niederlage vermeiden wollen, seien rasche Zugeständnisse unwahrscheinlich. Letztlich könne aber der wirtschaftliche Schaden eine Einigung erzwingen.

Chaisse von der City University of Hong Kong bleibt vorsichtiger mit der Bezeichnung „Handelskrieg“ und betont, dass Chinas Gegenzölle selektiv und nicht umfassend seien.

„Im Gegensatz zu früheren Runden von Strafzöllen, die oft mit geheimen Verhandlungen einhergingen, ist das geopolitische Umfeld dieses Mal deutlich angespannter“, sagt er.

US-Agrarsektor im Visier

Die Folgen dieses Konflikts gehen über die Politik hinaus und betreffen konkrete wirtschaftliche Sektoren – insbesondere die US-Landwirtschaft.

China ist ein Hauptabnehmer für US-amerikanische Agrarprodukte, insbesondere Sojabohnen, die nun mit 10 Prozent Zoll belegt werden. Während des letzten Handelskriegs zwischen den beiden Ländern hatte Peking bereits seine Sojabohnenimporte von den USA auf Brasilien und Argentinien umgelenkt.

Daniels erklärt:

„Die Landwirtschaft arbeitet mit langfristigen Marktprognosen. Wenn China jetzt Zölle auflegt, könnten diese geplanten Absatzmärkte wegbrechen.“

Chaisse ergänzt:

„China war lange einer der größten Abnehmer von US-Soja, Schweinefleisch und Rindfleisch. Doch es hat Alternativen – Brasilien und Argentinien können diese Lücke füllen. Falls dieser Konflikt anhält, werden amerikanische Landwirte den Druck spüren.“

Fentanyl als Druckmittel im Handelsstreit?

Trump begründet die jüngste Zollerhöhung auch mit Chinas angeblicher Rolle in der Fentanyl-Krise in den USA – eine Behauptung, die Peking als „fadenscheinige Ausrede“ zurückweist.

Wang argumentiert, dass China bereits Maßnahmen ergriffen habe, um den Export von Fentanyl zu kontrollieren.

„China unternimmt große Anstrengungen, um Fentanyl zu regulieren und zu verbieten“, betont er.

Daniels sieht in diesem Punkt ein breiteres Problem:

„Die US-China-Beziehungen sind mittlerweile so verstrickt, dass wirtschaftliche, sicherheitspolitische und politische Themen nicht mehr getrennt betrachtet werden.“

Chaisse bewertet Trumps Verknüpfung des Handelsstreits mit dem Fentanyl-Problem als eine politische Strategie, um zusätzliche Argumente für seine harte Linie gegen China zu sammeln.

Wie geht es weiter?

Trotz der scharfen Rhetorik und der wirtschaftlichen Vergeltungsmaßnahmen sieht Wang noch Raum für Verhandlungen.

„Trump ist in erster Linie Geschäftsmann. Er nutzt Zölle als Verhandlungsinstrument“, erklärt er.

Chaisse hingegen warnt, dass sich der Konflikt in eine langwierige Pattsituation verwandeln könnte.

„Die neuen US-Strafzölle erhöhen den Druck und erschweren eine schnelle Einigung. Das geopolitische Umfeld ist angespannter als je zuvor.“

Ob es zu einer baldigen Lösung kommt, bleibt ungewiss. Während beide Seiten Härte demonstrieren, könnte der wirtschaftliche Schaden sie doch noch an den Verhandlungstisch zwingen.

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