Von Zeynep Conkar
Am Internationalen Frauentag ist Berlin erneut zum Schauplatz von Polizeigewalt geworden. Ziel war eine Friedensdemo für Palästina. Beamte gingen gezielt gegen Demonstrierende vor – überwiegend Frauen. Viele erlitten Verletzungen und wurden traumatisiert. Zeugen berichten von Schlägen, Würgegriffen und anderen Übergriffen durch Polizisten. Eine Demonstration zu Ehren der Frauen wurde zu einem Akt staatlicher Repression.
„Das abscheuliche Spektakel ausgerüsteter Polizisten, die friedliche Demonstranten brutal angingen und wehrlose Frauen misshandelten, war erschreckend – aber kaum überraschend“, kommentiert der britische Investigativjournalist Kit Klarenberg.
Seit dem Beginn des Vernichtungskrieges in Gaza seien ähnliche Szenen in ganz Deutschland an der Tagesordnung. „Dass die Behörden die verheerende Außenwirkung dieser Angriffe ignorieren, zeigt ihren offenen Verstoß gegen die Grundrechte auf Versammlungs-, Meinungs- und Demonstrationsfreiheit, die der deutsche Staat angeblich hochhält“, sagt Klarenberg im Gespräch mit TRT World.
Die Demonstration startete am Berliner Wittenbergplatz. Die Teilnehmer, viele mit Kufiya und palästinensischen Fahnen, riefen Friedensparolen und protestierten gegen Waffenlieferungen an Israel. Ihr Ziel war klar: Ein Ende der Gewalt fordern und für Frieden eintreten – in Palästina und weltweit.
Die Reaktion der Polizei war jedoch alles andere als friedlich. Videos zeigen, wie Beamte Demonstrierende zu Boden stoßen und unverhältnismäßige Gewalt anwenden. Eine junge Frau soll nach ihrer gewaltsamen Festnahme in eine Feuerwache gezerrt und dort erniedrigend behandelt worden sein. Augenzeugen berichten, dass Beamtinnen absichtlich ihren Körper entblößten.
Andere mussten in Polizeigewahrsam verweilen und sollen keinen Zugang zu ihrem Anwalt bekommen haben oder keine medizinische Versorgung. Mindestens eine Person verlor das Bewusstsein und musste ins Krankenhaus eingeliefert werden.
Doch damit nicht genug: Mehrere Berichte schildern sexuelle Übergriffe durch die Polizei. So seien Frauen absichtlich begrabscht worden. Mindestens 29 Menschen wurden nach bisherigen Erkenntnissen festgenommen. Viele Demonstranten erlitten Verletzungen, darunter Prellungen, Verstauchungen und Verletzungen im Gesicht.
„Demonstranten aller Altersgruppen, darunter antizionistische Juden, Studierende (...), werden immer wieder mit brutaler Gewalt angegriffen – nur weil sie sich für die Befreiung Palästinas aussprechen und den Völkermord der zionistischen Entität im 21. Jahrhundert verurteilen“, so Klarenberg.
Kein Platz für Widerspruch
Während andere Demonstrationen zum Internationalen Frauentag in Berlin ohne Zwischenfälle verliefen, war die Solidaritätskundgebung für Palästina von Beginn an mit massiver Polizeigewalt konfrontiert.
Die Behörden errichteten Sperren, zwangen zu Routenänderungen und schufen gezielt Hindernisse, um den Protest zu destabilisieren. Ein zentraler Grund für dieses Vorgehen ist Deutschlands bedingungslose Unterstützung für Israel.
Trotz wachsender Kritik gehört Deutschland weiterhin zu den größten Unterstützern von Israels Krieg in Gaza. Bundeskanzler Olaf Scholz betonte immer wieder Deutschlands „besondere Verantwortung“ für Israel aufgrund der NS-Vergangenheit. Während seiner Amtszeit vermied Scholz jegliche Kritik an israelischen Kriegsverbrechen und erlaubte Waffenlieferungen an Israel.
Auch CDU-Chef Friedrich Merz, Vertreter der größten Bundestagsfraktion der Opposition, sprach sich für eine uneingeschränkte Unterstützung Israels aus. Er kritisierte auch die Mahnung aus den USA an Israel, sich an das Völkerrecht zu halten. Die damalige CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel prägte den Begriff Staatsräson im Zusammenhang mit der Sicherheit Israels.
Struktureller Rassismus bei der Polizei
Die Polizeigewalt wird begleitet durch Rassismus-Skandale bei der deutschen Polizei. Aktuell laufen Ermittlungen gegen über ein Dutzend Beamte wegen Rassismus. Vergangene Woche gab die Hamburger Polizei bekannt, dass 15 Beamte unter Verdacht stünden, rassistische, fremdenfeindliche und NS-verherrlichende Inhalte geteilt zu haben. Sieben Polizisten wurden suspendiert.
Klarenberg warnt, dass die Angriffe der Polizei auf Demonstrierende „immer barbarischer“ werden könnten. Er sieht darin auch ein Zeichen von Schwäche und Angst der europäischen Eliten. „Die Geschichte zeigt: Wenn Machtstrukturen bedroht sind, reagieren sie mit verstärkter Gewalt, Repression und Zensur. Aber wir sind mehr als sie, und die Menschen können nur begrenzt unterdrückt werden. Sie greifen uns an, weil wir stark sind – und mit jeder Unterdrückung wächst der Widerstand“, so Klarenberg.