Der ehemalige Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, hat mit seiner Kritik an der Nominierung der scheidenden Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zur Präsidentin der UN-Generalversammlung nachgelegt. „Die UNO ist kein Selbstbedienungsladen“, sagte der langjährige UN-Botschafter dem Magazin „Spiegel“. Der Posten sei nicht für innenpolitische Rochaden geeignet. „Deutschland tut sich damit keinen Gefallen.“
Die Bundesregierung hatte vor gut einer Woche kurzfristig ihre ursprüngliche Kandidatin Helga Schmid zurückgezogen und stattdessen Baerbock für den Vorsitz der UN-Generalversammlung nominiert. Heusgen hatte die Entscheidung kurz darauf als „Unverschämtheit“ kritisiert und Baerbock als „Auslaufmodell“ bezeichnet. Die Bundesregierung verteidigte die Entscheidung hingegen und betonte, sie sei mit der „künftigen Bundesregierung“ abgestimmt.
Er kenne die Vereinten Nationen „sehr gut“ und schätze diese, sagte Heusgen nun dem „Spiegel“. Die „Glaubwürdigkeit“ Deutschlands dort sei „extrem wichtig“. Besonders störe ihn ihn diesem Zusammenhang die Abkehr von der ursprünglich vorgesehenen Kandidatin Helga Schmid. „Sie war die ideale Kandidatin, um die 193 Staaten der Generalversammlung zusammenzuhalten“, sagte Heusgen.
Er kritisierte insbesondere, dass Schmid bereits offiziell nominiert gewesen sei, Gespräche mit über hundert Delegationen geführt habe und international geschätzt werde. „Dann plötzlich diese Kehrtwende. Ein UNO-Kollege hat mir geschrieben: ‚Wir dachten, so was passiert nur in autoritären Staaten.‘“
Umfrage: Mehrheit lehnt Nominierung für UN-Job ab
Die Nominierung von Baerbock kommt einer Umfrage zufolge bei den meisten Menschen in Deutschland nicht gut an. 57 Prozent der Teilnehmer einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sehen die Nominierung der inzwischen geschäftsführenden Außenministerin für den Vorsitz der UN-Generalversammlung negativ oder eher negativ.
42 Prozent der Befragten bewerteten die Entscheidung als negativ, weitere 15 Prozent als eher negativ. Als positiv beziehungsweise eher positiv stuften nur 12 und 16 Prozent der Befragten die Nominierung ein.
Baerbock soll den Vorsitz der UN-Generalversammlung in New York im September antreten, ihre Amtszeit würde ein Jahr dauern. Ursprünglich war dafür die deutsche Top-Diplomatin Helga Schmid vorgesehen. Nun soll die Position aber politisch besetzt und Baerbock als deutsche Kandidatin für die Sitzungsperiode 2025/26 benannt werden.