Die Vereinten Nationen (UN) sind angesichts des von Israel beschlossenen Stopps aller Hilfslieferungen für die Menschen im Gazastreifen alarmiert. UN-Generalsekretär António Guterres appellierte an Israel und die Hamas, jede Anstrengung zu unternehmen, um neuerliche offene Feindseligkeiten zu vermeiden. Die Lieferungen humanitärer Hilfsgüter für die rund zwei Millionen Palästinenser in dem abgeriegelten Küstengebiet müssten sofort wieder aufgenommen werden, und die Übergabe der festgehaltenen Israelis müsse weitergehen, forderte Guterres.
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hatte bei der wöchentlichen Kabinettssitzung am Sonntag mit folgenden Worten für Aufsehen gesorgt: „Ich möchte eines klarstellen: Es wird keine kostenlosen Mahlzeiten geben.“
UN-Nothilfekoordinator Tom Fletcher erinnerte an den Grundsatz des internationalen Rechts, wonach die Lieferung lebensrettender Hilfe für Zivilisten möglich sein müsse. Der Fortschritt der vergangenen 42 Tage während der ersten Phase der Waffenruhe dürfe nicht zurückgedreht werden. „Wir müssen Hilfe hereinbekommen und die Geiseln rausholen. Die Waffenruhe muss halten“, sagte Fletcher.
Auch die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen verurteilte den Schritt. Erneut schneide Israel die notleidende Bevölkerung von Hilfsgütern ab und setze den Zugang zu humanitärer Hilfe als Druckmittel ein, erklärte die Nothilfekoordinatorin Caroline Seguin. „Das ist inakzeptabel und wird verheerende Folgen haben.“ Die Nachricht habe Angst ausgelöst und die Lebensmittelpreise im Gazastreifen bereits ansteigen lassen.
Die erste sechswöchige Phase der Waffenruhe-Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas endete offiziell am Samstag um Mitternacht. Israel hat jedoch nicht zugestimmt, die zweite Phase einzuleiten, um den Krieg im Gazastreifen zu beenden. Im Rahmen der ersten Phase übergab die Hamas bislang insgesamt 29 Festgehaltene an Israel, im Gegenzug kamen mehr als 1.100 Palästinenser aus israelischer Haft frei.
In der zweiten Phase der Waffenruhe sollen die restlichen Geiseln übergeben und ein endgültiges Ende des Krieges vereinbart werden. Die Hamas hat sich bereit erklärt, alle übrigen Israelis auf einmal zurückzugeben, sobald die zweite Phase der Waffenruhe verhandelt ist. Es wird vermutet, dass sich noch 58 festgehaltene Israelis in Gaza befinden. Mehrere davon wurden bei Angriffen des israelischen Militärs getötet.
Israel begann nach dem Vergeltungsschlag der Hamas am 7. Oktober 2023 einen Vernichtungskrieg in Gaza. Laut Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums wurden bis zur Waffenruhe am Sonntagmorgen mehr als 48.300 Menschen getötet und mindestens 111.800 weitere verletzt.