Bei ihrer Invasion im Gazastreifen hat Israels Armee nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Lagerhäuser und andere Einrichtungen der Organisation gestürmt. „Das Militär drang in die Einrichtungen ein und zwang Frauen und Kinder (der WHO-Mitarbeiter) dazu, zu Fuß inmitten von Kampfhandlungen nach Al-Mawasi zu fliehen“, schrieb WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus auf der Plattform X.
Männliche WHO-Mitarbeiter und männliche Angehörige seien bei dem Vorfall in Deir al-Balah im mittleren Gazastreifen in Handschellen gelegt, durchsucht und mit vorgehaltener Waffe verhört worden. Zwei Mitarbeiter und zwei Angehörige seien festgenommen, drei von ihnen wieder freigelassen worden. Einer von ihnen befinde sich weiter in israelischer Gefangenschaft. Die WHO verlangt seine Freilassung.
In Deir al-Balah befindet sich auch das zentrale Warenlager der WHO für den Gazastreifen. Dieses sei bereits am Sonntag beschädigt worden – infolge eines Angriffs habe es Explosionen und einen Brand gegeben, schrieb der WHO-Chef. Auch die anderen Lager befänden sich in der von Israel definierten „Kampfzone“ und seien deshalb nicht mehr in Betrieb. „Dies schränkt unsere Fähigkeit ein, in Gaza tätig zu sein, und bringt das Gesundheitswesen in Gaza dem Zusammenbruch näher“, schrieb er. Eine Waffenruhe sei nicht nur notwendig, sondern überfällig, fügte er hinzu.
Israels Armee äußerte sich zunächst nicht zu den Vorfällen. Das Militär drang am Montagmorgen in den Südwesten von Deir al-Balah ein. Zuvor hatte es Tausende Palästinenser dazu aufgefordert, die betroffenen Stadtteile in Richtung Al-Mawasi zu verlassen. Die Zeltsiedlung an der Mittelmeerküste definiert Israel als vermeinrlich sicheren Rückzugsraum für Zivilisten. Allerdings hatte es in der Vergangenheit auch dort schon israelische Angriffe mit vielen Toten gegeben.
Israel führt seit Oktober 2023 einen Vernichtungskrieg in Gaza, der von palästinensischer Seite und Menschenrechtsorganisationen als Völkermord eingestuft wird. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums wurden in Gaza bislang mehr als 59.000 Menschen getötet, die meisten davon Frauen und Minderjährige. Demnach wurden mindestens 142.135 Menschen verletzt.
Laut Schätzungen von Experten der UN dürfte die tatsächliche Zahl der getöteten Palästinenser bis zu 200.000 betragen. Denn zahlreiche Palästinenser werden vermisst oder liegen unter den Trümmern eingestürzter Häuser und können nicht geborgen werden.