Drei Mal innerhalb von zehn Tagen war der Franzose Karim Touil in Besançon im Osten des Landes von der Polizei kontrolliert worden, zwei Mal sogar am selben Tag. Nun hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Frankreich erstmals wegen diskriminierender Kontrollen verurteilt. Frankreich habe gegen das Diskriminierungsverbot und gegen das Menschenrecht auf die Achtung des Privatlebens verstoßen, urteilten die Straßburger Richter am Donnerstag. Der französische Staat muss Touil 3000 Euro zahlen.
Touil und fünf weitere Kläger – die allesamt afrikanische beziehungsweise nordafrikanische Wurzeln haben – machten geltend, dass sie wegen ihres äußeren Erscheinungsbildes kontrolliert worden waren. Während das Gericht die Klagen von den fünf anderen Klägern abwies, gab es Touil Recht. Für die drei Kontrollen innerhalb von zehn Tagen habe die Regierung keine angemessene Begründung vorgebracht.
Die Richter verwiesen in ihrer Urteilsbegründung darauf, dass es in Frankreich offizielle Berichte und Statistiken zu Kontrollen auf der Basis des äußeren Erscheinungsbildes gebe. Es ist das erste Mal, dass Frankreich in einem Fall von sogenanntem Racial Profiling verurteilt wird. Dies könnte sich grundsätzlich auf das nationale Recht auswirken. „Es bedeutet, dass der französische Staat Verantwortung übernehmen und seine Verfahren für Identitätskontrollen ändern muss“, sagte Klägeranwalt Slim Ben Achour.
Die Kontrollen der weiteren Kläger stufte das Gericht nicht als diskriminierend ein. Die Richter betonten zudem, dass es keine Hinweise auf ein „strukturelles“ Problem gebe.
Nach einem am Dienstag veröffentlichten Bericht des französischen Menschenrechtsbeauftragten ist die Wahrscheinlichkeit, von der Polizei kontrolliert zu werden, bei jungen Männern mit afrikanischen und nordafrikanischen Wurzeln in Frankreich vier Mal höher als für andere Menschen. Demnach gaben im vergangenen Jahr 26 Prozent der Befragten an, in den letzten fünf Jahren mindestens einmal von der Polizei oder Gendarmerie kontrolliert worden zu sein. 2016 waren es nur 16 Prozent gewesen.