Der drohende Regierungssturz im hoch verschuldeten Frankreich Anfang kommender Woche und die befürchtete Fortsetzung der politischen Krise hat Sorge vor wirtschaftlicher Instabilität in dem EU-Land ausgelöst. Angesichts der hohen Schuldenlast und des Streits um seinen Sparhaushalt mit geplanten Einsparungen von 43,8 Milliarden Euro hatte Frankreichs Premier François Bayrou Ende August überraschend angekündigt, im Parlament die Vertrauensfrage zu stellen. Alles deutet darauf hin, dass er die Abstimmung am Montagnachmittag verliert.
Die Frage ist, ob Frankreich damit ein Ausufern der Schuldenproblematik mit negativen wirtschaftlichen Konsequenzen droht. Genau davor hatte der Premier gewarnt, wenn Frankreich nicht über Parteigrenzen hinweg das Ruder bei der Verschuldung herumreiße und einen Sparhaushalt auf den Weg bringe. Für den Sparhaushalt gibt es derzeit jedoch keine Mehrheit.
Höchster Schuldenberg in Europa
Der ohnehin hohe öffentliche Schuldenstand in Frankreich war zuletzt auf rund 114 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angestiegen. Damit liegt das Land nach Griechenland und Italien auf Platz drei im Euroraum. In absoluten Zahlen hat Frankreich mit rund 3.300 Milliarden Euro den höchsten Schuldenberg im Euroraum. Auch die Staatsausgaben in Frankreich gehören derzeit zu den höchsten in Europa.
Trotz der politischen Unsicherheit rechnen Experten aber nicht mit einer Staatsschuldenkrise. „Jeder drohende Regierungssturz in einem Land der Eurozone ist besorgniserregend“, meinte die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, zwar vor einigen Tagen im Interview des Senders Radio Classique. Das französische Bankensystem sei allerdings besser aufgestellt als während der letzten Finanzkrise und sie erwarte auch nicht, das Frankreich zur Sanierung seiner Finanzen Hilfe vom Internationalen Währungsfonds (IWF) anfragen werde.
Neue Anleihen für Paris immer teurer
Fakt ist aber, dass Frankreich angesichts der politischen Hängepartie und bislang ausbleibender Sparanstrengungen für neue Staatsanleihen inzwischen höhere Zinsen zahlt für Staatsanleihen als Griechenland und beinahe so viel wie Italien. „Die Anleger sind besorgt über die hohe und weiter steigende Staatsverschuldung Frankreichs. Die Anleihenrenditen sind bereits deutlich stärker gestiegen in Frankreich als etwa in Italien und mittlerweile liegt die Rendite zehnjähriger französischer Staatsanleihen kaum noch unter der italienischer“, kommentierte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer.
Dass es Frankreich unter einem neuen Premier gelingt, das Haushaltsdefizit von zuletzt 5,8 Prozent im kommenden Jahr wie von Finanzminister Eric Lombard weiterhin angestrebt, auf 4,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu senken, hält Kramer mangels einer Mehrheit für Reformen im Parlament für unrealistisch.
Strukturreformen erforderlich
Nach einer kürzlich veröffentlichten Einschätzung der US-Investmentbank Goldman Sachs besteht die größte Herausforderung darin, die Staatsverschuldung zu stabilisieren. Außerdem müsse das Land unbedingt Strukturreformen wieder aufnehmen, um das Wachstum anzukurbeln. Frankreich müsse mehr produzieren, hatte Premier Bayrou gefordert - mit seinem Plan, dazu gleich zwei Feiertage zu streichen, hatte er aber eine Mehrheit der Menschen gegen seine Sparpläne aufgebracht.