Äthiopien weiht am Dienstag offiziell Afrikas größten Wasserkraft-Staudamm ein. Das Projekt soll Millionen von Menschen mit Energie versorgen, vertieft jedoch einen Streit mit dem stromabwärts gelegenen Ägypten. Ägypten werde die Entwicklungen am Blauen Nil weiterhin genau beobachten, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Tamim Challaf, am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. Sein Land werde „sein Recht wahrnehmen, alle geeigneten Maßnahmen zur Verteidigung und zum Schutz der Interessen des ägyptischen Volkes zu ergreifen“.
Äthiopien, das mit 120 Millionen Einwohnern das zweitbevölkerungsreichste Land des Kontinents ist, betrachtet den Großen Äthiopischen Renaissance-Damm (GERD) als unabdingbar für seine wirtschaftliche Entwicklung. Der Bau des fünf Milliarden Dollar teuren Projekts an einem Nebenfluss des Nils begann 2011. Die Stromerzeugung soll von derzeit 750 Megawatt auf 5150 Megawatt ansteigen. Ministerpräsident Abiy Ahmed zufolge will Äthiopien die Energie nutzen, um den Zugang der Bevölkerung zu Elektrizität zu verbessern und überschüssigen Strom in die Region zu exportieren.
Ägypten befürchtet, der Staudamm könne die Wasserversorgung des Landes in Dürreperioden einschränken. Ägypten baute in den 1960er Jahren seinen Assuan-Staudamm am Nil. Doch das Land hat den Bau des äthiopischen Staudamms seit Beginn abgelehnt. Laut der ägyptischen Regierung verstößt der Damm gegen Wasserverträge aus der britischen Kolonialzeit und stellt eine existenzielle Bedrohung dar. Ägypten mit seinen rund 108 Millionen Einwohnern ist für etwa 90 Prozent seines Frischwassers auf den Nil angewiesen. Der Sudan hat sich den Forderungen Ägyptens nach rechtsverbindlichen Vereinbarungen über die Befüllung und den Betrieb des Staudamms angeschlossen. Das Land könnte jedoch auch von einem besseren Hochwasserschutz und dem Zugang zu billiger Energie profitieren.