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Ein historisches Treffen in Alaska, doch Europa bleibt außen vor
Donald Trump und Wladimir Putin trafen sich in Alaska. Während die Bilder für Symbolik sorgten, bleibt Europa trotz enormer Lasten ohne Stimme am Verhandlungstisch.
Ein historisches Treffen in Alaska, doch Europa bleibt außen vor
Foto: Julia Demaree Nikhinson/AP
vor 8 Stunden

Es war ein Moment mit historischem Anstrich: Nach sechs Jahren ohne direkten Kontakt begrüßte US-Präsident Donald Trump den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf dem Flughafen von Anchorage, Alaska. Der rote Teppich war ausgerollt, die Kameras liefen, und die Welt blickte gespannt auf dieses Wiedersehen. Der Ort war nicht zufällig gewählt: Bis 1867 gehörte Alaska zum Russischen Reich, ehe es von den USA gekauft wurde.

Im Vorfeld hatte Trump harte Töne angeschlagen. Sollte Russland sich einem Waffenstillstand verweigern, drohte er mit verschärften Sanktionen. Auch betonte er, dass er das Treffen sofort abbrechen werde, falls keine greifbaren Ergebnisse erzielt würden. Putin wiederum ließ über den Kreml verlautbaren, dass er nur unter klaren Bedingungen überhaupt anreisen würde.

Am Ende verlief das Treffen zwar ohne Skandal, doch die eigentliche Substanz bleibt unklar. Offiziell wurde kaum etwas bekanntgegeben. Aus Kreisen in Washington und Moskau hieß es lediglich, ein mögliches Dreierformat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sei denkbar. Doch ob daraus mehr als diplomatische Planspiele erwachsen, ist völlig offen.

Deutschland zahlt den Preis, bleibt aber ohne Stimme

Während die Schlagzeilen sich auf Trump und Putin konzentrieren, wird ein Umstand in Europa immer deutlicher: Deutschland ist der wirtschaftlich am stärksten betroffene Staat dieses Krieges – und dennoch weder namentlich erwähnt noch institutionell eingebunden.

Seit Beginn des Krieges im Februar 2022 hat die Bundesregierung Milliardenhilfen an die Ukraine geleistet, sowohl militärisch als auch finanziell. Zudem hat Deutschland mehr Geflüchtete aufgenommen als jedes andere EU-Land. Gleichzeitig trafen die Sanktionen gegen Russland die deutsche Volkswirtschaft besonders hart: Die Abhängigkeit von russischer Energie ließ die Gas- und Strompreise explodieren, was in der Industrie zu Produktionsstopps, Arbeitsplatzverlusten und einem spürbaren Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit führte.

Trotz dieser enormen Lasten spielt Deutschland im diplomatischen Prozess keine sichtbare Rolle. Während Washington und Moskau in Alaska die großen Linien absteckten, blieb Berlin außen vor – nicht einmal als stiller Beobachter. Diese Unsichtbarkeit führt zu einer wachsenden Debatte über den Zustand der deutschen Außenpolitik. Kritiker werfen der Bundesregierung vor, weder in Brüssel noch international eine eigene Agenda durchzusetzen. Das Land, das wirtschaftlich und gesellschaftlich am meisten zahlt, scheint politisch irrelevant geworden zu sein.

Dass Deutschlands Stimme fehlt, ist auch Ausdruck einer größeren europäischen Krise. Die EU hat es bislang nicht geschafft, eine gemeinsame außenpolitische Linie zu etablieren. Frankreich und Deutschland, einst Motoren der Integration, wirken kraftlos. Die Folge: Europa ist zwar der Hauptträger der Kosten, aber nicht Mitgestalter der Lösungen.

Machtpolitik ohne Europa: Die neue Ordnung

Für Donald Trump ist die außenpolitische Rechnung klar: Er will die EU marginalisieren und die transatlantischen Beziehungen nur dort pflegen, wo es den USA direkten Nutzen bringt. Europa sieht er nicht als Partner auf Augenhöhe, sondern als Mitläufer, der die Rechnung bezahlt.

Russland wiederum nutzt die Gelegenheit, seine Position international zu festigen. Auch wenn die wirtschaftlichen und militärischen Probleme Moskaus unübersehbar sind, verschafft allein die Tatsache, wieder mit Washington verhandeln zu dürfen, Putin innenpolitisch Prestige. Für den Kreml ist Alaska daher schon jetzt ein Erfolg.

Europa hingegen steht als klarer Verlierer da. Die Milliardenhilfen, die Opfer in der Bevölkerung durch steigende Preise, die tiefgreifenden wirtschaftlichen Schäden – all das hat die EU in eine prekäre Lage gebracht. Doch statt eine aktive Rolle einzunehmen, bleibt Brüssel Zuschauer. Die geopolitische Bühne wird von Washington und Moskau beherrscht, Kiew kämpft ums Überleben – und Europa zahlt, ohne gefragt zu werden.

Die Folgen dieser Entwicklung sind gravierend: Europas Handlungsunfähigkeit könnte langfristig zu einem strukturellen Machtverlust führen. Weder als Vermittler noch als Sicherheitsgarant wird die EU wahrgenommen.

Ein Treffen mit Signalwirkung

Noch ist unklar, ob das Gipfeltreffen in Alaska den Ukraine-Krieg einem Ende näherbringt. Doch schon jetzt zeichnet sich ab, dass es eine geopolitische Zäsur darstellt. Zwei Präsidenten bestimmen über die Zukunft Europas, ohne dass Europa selbst eine Rolle spielt.

Für die USA bedeutet dies geopolitische Handlungsfreiheit, für Russland diplomatischen Prestigegewinn. Für Europa jedoch markiert es einen Tiefpunkt: Es bleibt Zahler, nicht Entscheider.

Das Treffen in Alaska wird daher weniger als historischer Durchbruch in Erinnerung bleiben, sondern als Symbol für die neue Realität: In der Weltpolitik sitzen die Entscheider in Washington und Moskau, während Europa von der Seitenlinie zusehen müssen.

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