Die Staats- und Regierungschefs der NATO wollen am Mittwoch bei ihrem Treffen in Den Haag einem Vorschlag zustimmen, wonach die Mitgliedstaaten künftig fünf Prozent ihres jeweiligen Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung ausgeben sollen. Dabei handelt es sich um eine zentrale Forderung von US-Präsident Donald Trump.
Fünf Prozent? Nicht ganz
Trump hatte darauf bestanden, dass die NATO-Staaten künftig fünf Prozent ihres BIP in Verteidigung investieren – deutlich mehr als die bisherige Zielmarke des Bündnisses von zwei Prozent. Tatsächlich erreichen derzeit nur wenige Länder wie Polen oder die baltischen Staaten den neu anvisierten Wert; selbst die USA lagen 2024 bei lediglich 3,4 Prozent.
Nun haben sich die 32 Mitgliedstaaten auf einen Kompromiss verständigt: Demnach sollen bis zum Jahr 2035 rund 3,5 Prozent des BIP für klassische Verteidigungsausgaben und weitere 1,5 Prozent für „verteidigungsbezogene Bereiche“ wie Cyberabwehr und Infrastruktur aufgewendet werden. So erhält Trump seinen symbolischen Erfolg, während den europäischen Regierungen mit knappen Haushalten ein gewisser Spielraum bleibt.
Dennoch stellt das Vorhaben für viele Regierungen eine große Herausforderung dar. Schließlich wird es in den kommenden Jahren die Haushalte um Hunderte von Milliarden belasten.
3,5 Prozent – wofür genau?
Der Großteil der Mittel soll in die militärische Kernfähigkeit der NATO fließen. Bereits im vergangenen Monat hatten sich die Mitgliedstaaten auf neue Zielvorgaben für Waffensysteme und militärisches Material verständigt, um sich gegen Bedrohungen – insbesondere aus Russland – zu wappnen. Konkrete Details sind geheim, aber NATO-Generalsekretär Mark Rutte sprach von einer Verfünffachung der Luftabwehrkapazitäten sowie Tausenden neuen Panzern und gepanzerten Fahrzeugen.
Vermutlich werden auch die milliardenschweren Militärhilfen für die Ukraine in diese Kategorie fallen.
Und die restlichen 1,5 Prozent?
Dieser Teil der Ausgaben betrifft ein breiteres Spektrum – etwa Infrastrukturprojekte oder digitale Verteidigung. NATO-Vertreter betonen, dass auch Brücken, Straßen oder Cyberabwehr zentral für die Verteidigungsfähigkeit seien. „Wenn Panzer nicht an die Front gebracht werden können, weil Brücken oder Schienen dem Gewicht nicht standhalten, sind sie nutzlos“, sagte der US-Botschafter bei der NATO, Matthew Whitaker.
Viele dieser Ausgaben seien bereits in den nationalen Haushalten gelistet. Sie müssten künftig lediglich umgebucht werden. Italien etwa möchte den seit langem geplanten Bau einer Brücke zwischen Sizilien und dem Festland in diese Kategorie einrechnen lassen.
Wer überprüft das?
Ob die Mitgliedstaaten ihre Zusagen einhalten, bleibt eine entscheidende Frage – frühere NATO-Versprechen wurden oft nicht umgesetzt.
Eine ursprünglich geplante jährliche Steigerung um 0,2 Prozentpunkte wurde aufgrund politischen Widerstands wieder gestrichen. Stattdessen müssen die Staaten nun jährlich Berichte vorlegen, um ihre Fortschritte nachzuweisen. 2029 soll zudem eine umfassende Überprüfung stattfinden – dabei könnten neue Ziele für Rüstung festgelegt und die Anforderungen angepasst werden.
Im Hintergrund bleibt der Druck, Trump nicht zu verärgern – sollte er erneut ins Weiße Haus einziehen.
Gibt es Ausnahmen?
Das ist umstritten. Spanien etwa, traditionell ein Land mit niedrigen Verteidigungsausgaben, behauptet, ein Sonderabkommen mit NATO-Generalsekretär Rutte geschlossen zu haben. Doch Rutte betonte, es gebe keine offiziellen Ausnahmen. Alle Staaten seien zur Zielerreichung verpflichtet.