Kurz vor der Befassung des Bundeskabinetts mit dem neuen Wehrdienst-Modell von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) haben die Jusos scharfe Kritik an dem Gesetzentwurf geübt und eine Änderung hin zu „klarer Freiwilligkeit“ gefordert. „Die Pläne der Bundesregierung für einen neuen Wehrdienst gehen viel zu weit“, sagt der Chef der SPD-Nachwuchsorganisation, Philipp Türmer, der „Rheinischen Post“ (Dienstag). „Sie beinhalten eine Hintertür, um junge Männer einzuberufen, wenn die verteidigungspolitische Lage einen schnellen Aufwuchs der Streitkräfte zwingend erfordert, der auf freiwilliger Grundlage nicht erreichbar ist“.
„Das geht zu weit in Richtung Wehrpflicht und widerspricht dem Kompromiss, den wir mit Boris Pistorius gefunden hatten“ kritisierte Türmer. „Er hat beim SPD-Parteitag eindeutig zugestimmt, keine aktivierbare gesetzliche Möglichkeit zur zwangsweisen Heranziehung junger Männer zu schaffen“, betonte der Juso-Chef. „Wir Jusos lehnen diese Möglichkeit im Entwurf daher klar ab und setzen auf Änderungen hin zu klarer Freiwilligkeit.“
Die Bundeswehr müsse attraktiver für Menschen werden, die sich als aktive Soldaten verpflichten wollen, forderte Türmer. „Diese Kräfte braucht die Bundeswehr schließlich am dringendsten“, sagte der SPD-Politiker.
Am Mittwoch sollen im Bundeskabinett die Pläne für den neuen Wehrdienst beschlossen werden, mit dem Pistorius pro Jahr Zehntausende neue Rekruten zur Bundeswehr bringen will. Der Entwurf sieht vor, dass ab dem kommenden Jahr an alle jungen Männer und Frauen ein Fragebogen versandt wird. Männer müssen ihn ausfüllen, für Frauen ist das freiwillig. Dabei soll das Interesse am Dienst in der Bundeswehr abgefragt werden. Geeignete Kandidaten werden dann zur Musterung eingeladen.
Diese soll ab 2028 aber für alle 18-jährigen Männer verpflichtend werden, auch wenn sie kein Interesse am Wehrdienst bekundet haben. Ziel ist den Angaben zufolge ein „Lagebild“ über die gesundheitliche Eignung. Denn im Spannungs- oder Verteidigungsfall würde die 2011 ausgesetzte Wehrpflicht nach aktueller Rechtslage automatisch wieder in Kraft treten.
Ziel der Pläne von Pistorius ist es, Vorgaben der Nato für den Konfliktfall zu erfüllen. Diese sehen einen Bedarf von etwa 460.000 deutschen Soldatinnen und Soldaten vor. Derzeit gibt es nur gut 182.000 Soldatinnen und Soldaten bei der Bundeswehr sowie gut 49.000 aktive Reservisten.