Die Spitze der Grünen-Fraktion hat die Fraktionsvorsitzenden von Union, SPD und Linke zu einem Gespräch über ein mögliches AfD-Verbotsverfahren eingeladen. In dem Brief der zwei Co-Vorsitzenden, Katharina Dröge und Britta Haßelmann, an Jens Spahn (CDU), Matthias Miersch (SPD) sowie an die beiden Vorsitzenden der Linksfraktion, Heidi Reichinnek und Sören Pellmann, heißt es: „Der Deutsche Bundestag hat vor dem Hintergrund unserer geschichtlichen Verantwortung die rechtliche und politische Pflicht, sich ernsthaft mit der Einleitung eines Parteiverbotsverfahrens zu befassen, wenn ein entsprechender Anlass besteht.“ Dieser Zeitpunkt sei - angesichts der fortschreitenden Radikalisierung der AfD - jetzt gekommen.
„Zum Schutz der Menschen und der Demokratie“ müsse ein Parteiverbotsverfahren nun verantwortungsvoll geprüft und gegebenenfalls rasch auf den Weg gebracht werden, schreiben die Fraktionschefinnen in ihrem Brief, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Hierfür sei ein gemeinsames Vorgehen der demokratischen Fraktionen von zentraler Bedeutung.
Verweis auf Parteitagsbeschluss der SPD
Der jüngste Beschluss des SPD-Parteitages, der sich einstimmig für eine Prüfung eines möglichen AfD-Parteiverbotes ausgesprochen habe, sei aus ihrer Sicht ein „ermutigendes Signal“. „Gerne möchten wir mit Ihnen über die weiteren konkreten Schritte sprechen, damit wir ein entsprechendes parlamentarisches Verfahren kurzfristig gemeinsam einleiten können“, schlagen Haßelmann und Dröge den Adressaten vor. Idealerweise sollte ein solches Gespräch bereits für die erste Sitzungswoche nach der Sommerpause vereinbart werden, denn „die Angelegenheit drängt: Es geht um die Verteidigung unserer Demokratie“.
Die SPD-Delegierten hatten Ende Juni einen Antrag beschlossen, in dem es hieß: „Jetzt ist die Zeit, dass die antragsberechtigten Verfassungsorgane die Voraussetzungen schaffen, um unverzüglich einen Antrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der AfD stellen zu können.“ Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe solle Material dafür zusammentragen.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte Anfang Mai mitgeteilt, dass es die AfD fortan als gesichert rechtsextremistische Bestrebung einstufen werde. Wegen einer Klage der AfD gegen diesen Schritt legte die Behörde die Einstufung aber bis zur gerichtlichen Klärung auf Eis.
Skepsis in der Union
Die Meinungen über ein mögliches AfD-Verbotsverfahren sind geteilt. Die Innenminister von Bund und Ländern haben die Einsetzung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum weiteren Umgang mit der AfD vereinbart, falls die neue Einstufung des Verfassungsschutzes gerichtlich bestätigt wird. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) vertritt die Auffassung, ein Verbotsverfahren wäre Wasser auf die Mühlen der Opfererzählung der AfD. Er wolle die AfD lieber „wegregieren“.
Über ein Parteiverbot kann nur das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Einen entsprechenden Antrag können entweder der Bundestag, der Bundesrat oder die Bundesregierung stellen.