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Luftraum gesperrt: Russland und Belarus beginnen Großmanöver
Russische Drohnen über Nato-Gebiet – und kurz darauf eine Militärübung. Und nun sollen mehr Truppen in Polen stationiert werden. Beobachter blicken mit Sorge auf die Lage.
Luftraum gesperrt: Russland und Belarus beginnen Großmanöver
Foto: Christoph Reichwein/dpa
vor 5 Stunden

In unmittelbarer Nähe zur EU und Nato beginnen Russland und sein Verbündeter Belarus heute ein strategisches Großmanöver. Besonders in Polen wird die bis zum 16. September laufende Militärübung Sapad 2025 (Westen 2025) mit Besorgnis verfolgt, nachdem kürzlich mehrere russische Drohnen im Luftraum des Landes gesichtet und einige abgeschossen worden waren. Nach Einschätzung der Bundeswehr nehmen rund 13.000 Soldaten in Belarus und weitere 30.000 auf russischem Gebiet an dem Manöver teil.

Gemeinsame Militärübungen der beiden Nachbarstaaten gibt es immer mal wieder. In der EU und Nato sind die Folgen der vorhergehenden Übung Sapad 2021 in schlechter Erinnerung geblieben: Diese nutzte Russland damals, um Waffen und schweres Gerät zu verlegen, die später im Ukraine-Krieg eingesetzt wurden. Die Regierung in Belarus kündigte zuletzt an, den Umfang des diesjährigen Manövers zu verringern und es von der Westgrenze ins Landesinnere zu verlegen, um Spannungen mit dem Westen zu verringern.

Grenze und Luftraum gesperrt

Polen grenzt an die Ukraine und verfolgt den Krieg in seiner unmittelbaren Nachbarschaft mit großer Sorge. Mit der Verletzung des polnischen Luftraums durch russische Drohnen, die am Mittwoch während eines russischen Angriffs auf die Ukraine im polnischen und damit in Nato-Luftraum gesichtet worden waren, hat sich die Lage nochmals zugespitzt. Erstmals schossen die polnische Luftwaffe und andere Nato-Verbündete in Polen dabei russische Drohnen ab.

Die Regierung in Warschau ließ die Grenze zu Belarus für die Dauer des Militärmanövers dichtmachen, auch der grenznahe Luftraum ist gesperrt. Das russische Außenministerium warf dem Nachbarland deshalb „konfrontative Schritte“ vor, die dazu dienten, die „weitere Eskalation der Spannungen im Zentrum Europas zu rechtfertigen“.

Polen ruft UN-Sicherheitsrat an

In Polen wird der Vorfall nicht nur als Akt der militärischen Aggression, sondern vor allem als Teil von Moskaus psychologischer Kriegsführung gewertet. Die Regierung in Warschau beantragte deswegen eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats. Allerdings kann Russland dort wegen seines Veto-Rechts jegliche Entschlüsse zu seinen Lasten blockieren.

Man wolle „die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf diesen beispiellosen Angriff russischer Drohnen auf einen Mitgliedstaat nicht nur der UN, sondern auch der Europäischen Union und der Nato“ lenken, sagte Polens Außenminister Radoslaw Sikorski in einem Radiointerview. Bei 19 Sichtungen von Drohnen im polnischen Luftraum binnen sieben Stunden könne es sich nicht um einen Zufall handeln. „Dies ist ein militärischer und politischer Test nicht nur für Polen, sondern für die gesamte Nato“, sagte Sikorski.

Trump: Drohnen-Aktion „könnte Fehler gewesen sein“

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte bereits am Mittwoch erklärt, dass er die Sichtung von russischen Drohnen im polnischen Luftraums nicht für ein Versehen halte. Er sehe in diesen Vorfällen vielmehr „eine ganz ernsthafte Gefährdung des Friedens in ganz Europa“.

US-Präsident Donald Trump hingegen entgegnete am Donnerstag (Ortszeit) auf Nachfrage eines Reporters vor dem Weißen Haus, der Überflug von russischen Drohnen im Luftraum Polens „könnte ein Fehler gewesen sein“. Dennoch sei er „nicht glücklich“ über „diese ganze Situation“.

Seit seinem Amtsantritt im Januar wird Trump vorgeworfen, er zeige dem Angreifer Russland gegenüber zu viel Nachsicht und lasse sich von Kremlchef Wladimir Putin teils vorführen. Dass es sich beim Einflug der Drohnen wirklich um ein Versehen handelt, wird nach Prüfung des Vorfalls in Militärkreisen für unwahrscheinlich gehalten. Mindestens einer der Flugroboter flog nach dpa-Informationen aus Nato-Kreisen in Richtung des Verteilzentrums für die Ukraine-Militärhilfe am polnischen Flughafen Rzeszow. Doch die Herkunft aller Drohnen ist bisher nicht unabhängig geprüft worden.

Deutschland schickt weitere Kampfjets nach Polen

Als Reaktion auf den Vorfall in Polen verstärkt Deutschland seine Beteiligung am Schutz der Nato-Ostgrenze. Die Luftüberwachung über Polen durch deutsche Kampfjets werde verlängert und ausgeweitet, teilte Regierungssprecher Stefan Kornelius mit.

Schon jetzt ist die Bundeswehr mit zwei in Rostock-Laage stationierten Eurofighter-Kampfjets über Polen im Einsatz. Die Anzahl der Flieger wird nach Angaben des Verteidigungsministeriums nun auf vier verdoppelt und der bisher bis Ende September geplante Einsatz zunächst bis Jahresende verlängert.

Die Bundesregierung werde auch ihre Unterstützung für die Ukraine intensivieren, sagte Kornelius, ohne Einzelheiten zu nennen. In der EU werde Deutschland auf eine schnelle Verabschiedung eines „robusten 19. Sanktionspakets“ hinarbeiten, um Russland weiter unter Druck zu setzen.

Auch Frankreich will Schutz der Nato-Ostflanke verstärken

Frankreich will drei Rafale-Kampfjets als Reaktion auf die Sichtung russischer Drohnen in Polens Luftraum schicken. Sie sollten zum Schutz des polnischen Luftraums und der Ostflanke der Nato beitragen, kündigte Präsident Emmanuel Macron an. Wo genau die Jets zum Einsatz kommen sollen, teilte er nicht mit. „Wir werden uns den zunehmenden Einschüchterungsversuchen Russlands nicht beugen“, betonte Macron.

QUELLE:TRT Deutsch und Agenturen
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