Nach der Verabschiedung des Klimagesetzes ist der erwartete Schritt getätigt worden: Der Entwurf der Verordnung zur Einführung des Emissionshandelssystems (EHS) in Türkiye wurde veröffentlicht. Die Verordnung stand bis zum 4. August zur Konsultation und wird bald erwartet.
Das türkische EHS ist ein konkreter Schritt zur Erreichung des von Präsident Recep Tayyip Erdoğan am 27. September 2021 verkündeten Netto-Null-Emissionsziels für 2053. Darüber hinaus soll das EHS die türkische Industrie vor den ab dem 1. Januar 2026 geltenden (falls das EU-Omnibus-Paket angenommen wird, verlängert bis Anfang 2027) finanziellen Verpflichtungen des EU-Grenzkohlenstoff-Anpassungsmechanismus (CBAM) schützen.
Das türkische EHS umfasst emissionsintensive Sektoren und basiert auf dem Verursacherprinzip. Es ist kein völlig neues System, da Sektoren wie Stromerzeugung, Zement, Eisen-Stahl, Raffinerien, Keramik, Kalk, Papier, Chemie und Glas seit 2015 durch das System zur Überwachung, Berichterstattung und Verifizierung (ÜBV) überwacht wurden. Gleichzeitig wurden seit Oktober 2023 für die sechs Sektoren, die dem EU-CBAM unterliegen, Emissionsmessungen und Berichterstattungen durchgeführt.
Schätzungen zufolge wird der EU-CBAM besonders die Eisen-Stahl- und Zementsektoren belasten. Um dies zu verhindern, müssen die Kohlenstoffemissionen dieser Sektoren gemessen und schrittweise reduziert werden.
Türkische Position im globalen Wettbewerb
Türkiye benötigt dringend das Klimagesetz und ein EHS, um im globalen Wettbewerb nicht zurückzufallen. Die neue Verordnung regelt das EHS, um die technologische und grüne Transformation der türkischen Industrie zu fördern. Durch die Besteuerung von Kohlenstoffemissionen wird ein Fonds geschaffen, der den Übergang zu grünen Technologien beschleunigt. Dies steigert die Wettbewerbsfähigkeit und Effizienz von Unternehmen und sichert die Position des Landes auf dem Weltmarkt.
Der EU-CBAM tritt entweder am 1. Januar 2026 oder Anfang 2027 in Kraft. Länder ohne eigenes EHS müssen zusätzliche Steuern auf Importe zahlen, etwa in den Sektoren Eisen-Stahl, Aluminium, Zement, Energie und Düngemittel, abhängig vom aktuellen Kohlenstoffpreis. Ohne eigenes EHS müsste Ankara diese Steuern an Brüssel zahlen, was die Kosten für Exportgüter im EU-Markt enorm erhöht und die Wettbewerbsfähigkeit schwächt.
Da etwa 40 Prozent der türkischen Exporte in die EU gehen, muss sich Türkiye an die Umweltmaßnahmen der EU anpassen. Ohne eigene Berechnung des Kohlenstoff-Fußabdrucks und Steuerzahlungen im Inland müsste Ankara die höchsten CBAM-Steuern an den EU-Grenzen zahlen. Das neue Klimagesetz und die erwartete EHS-Verordnung können diese Gefahren abwenden. Zudem könnte dieser Prozess neue Diskussionen über die Modernisierung der Zollunion anstoßen.
Die über das EHS gesammelten Steuern könnten in Türkiye für Investitionen in Bereiche wie die grüne Transformation und erneuerbare Energien genutzt werden, was die globale Wettbewerbsfähigkeit der türkischen Industrie stärken würde. Darüber hinaus wird es für Türkiye vorteilhaft sein, im Zuge der grünen Transformation innovative Produkte auf dem entstehenden Markt anzubieten. Sollte das Land diese Transformation nicht vollziehen, würde dies zu Verlusten auf den bestehenden Exportmärkten führen. Aus diesem Grund waren sowohl das Klimagesetz als auch die Einrichtung des EHS dringend notwendige Schritte für die türkische Industrie, die nun umgesetzt wurden.
Welche Sektoren sind vom EHS betroffen?
In der Übergangsphase umfasst das EHS Stromerzeugung, Kokerei, Eisen-Stahl- und Aluminiumproduktion, einschließlich Metallverarbeitung, Eisen-, Temper- oder Stahlherstellung, Verarbeitung eisenhaltiger Metalle, Primär- und Sekundäraluminium sowie Aluminaproduktion, Nichteisenmetallproduktion oder -raffinierung, Klinkerherstellung, Nitriersäure- und Ammoniakproduktion. Ausgenommen sind Einrichtungen für Forschung, Entwicklung und Tests neuer Produkte oder Prozesse, reine Biomasseanlagen, militärische Bereiche, Schulen, Universitäten, Krankenhäuser und Einrichtungen der Verteidigungsindustrie.
Zunächst werden zwar Sektoren mit hohen Treibhausgasemissionen einbezogen, aber mit der Zeit wird der Umfang des EHS erweitert werden. Denn dies ist notwendig, um das Ziel der Netto-Null-Emissionen bis 2053 zu erreichen.
EU-EHS als Vorbild
Die EU betreibt seit 2005 das weltweit erste und umfassendste EHS, das Emissionsobergrenzen festlegt, schrittweise reduziert und Handelsrechte auf Kohlenstoffmärkten ermöglicht. Durch gesetzliche Verbindlichkeit, strenge Kontrollen und innovative Finanzmechanismen hat das EU-EHS die Emissionen in 20 Jahren EU-weit um 51 Prozent und in Deutschland um 47 Prozent reduziert.
2024 generierte das EHS in Deutschland 18,5 Milliarden Euro, seit 2013 etwa 175 Billionen Euro in der EU, die in grüne Technologien fließen. Die EU, die Island, Liechtenstein und Norwegen umfasst, ist mit ihrem EHS weltweit führend. Viele Länder wie China, Südkorea, manche Provinzen in den USA und Kanada sowie Neuseeland betreiben ebenfalls ihre eigenen EHS. Für den internationalen Handel ist auch die Integration von EHS entscheidend, wobei die EU durch Kooperationen und Beratung, etwa mit China, anderen Ländern hilft, ähnliche Systeme aufzubauen.
Der Schlüssel zum Erfolg
Türkiye misst und meldet seit Oktober 2023 Emissionen in Sektoren wie Eisen-Stahl, Aluminium, Düngemittel und Zement in Rahmen des EU-Grenzkohlenstoff-Anpassungsmechanismus. Mit einer neuen EHS-Verordnung müssen weitere Sektoren Emissionen überwachen, berichten und verifizieren. Es gibt zahlreiche Informations- und Schulungsangebote zum neuen System. Große Unternehmen sind besser vorbereitet, da sie ein Klimagesetz und eine EHS-Verordnung schon erwarteten, doch kleine und mittlere Unternehmen könnten Schwierigkeiten bei der Anpassung haben. Sanktionen bei Nichteinhaltung könnten die Kosten der Unternehmen erhöhen.
Für Wettbewerbsvorteile in der EU und weltweit ist eine Produktion mit grünen Systemen unerlässlich. Unternehmen sollten das Klimagesetz und die EHS-Verordnung als Chance sehen, sich schnell anzupassen und die Möglichkeiten der grünen Transformation in Europa und weltweit zu nutzen. Aufklärung und Schulung von Unternehmen und Gesellschaft sind entscheidend für eine rasche Anpassung.
Die Einrichtung des EHS und das Klimagesetz sind in Türkiye sehr wichtige Schritte zur Reduzierung der Kohlenstoffemissionen, aber sie sollten nicht als alleinige Retter betrachtet werden. Das Ergebnis wird davon abhängen, wie effektiv man diese Mechanismen nutzt, um die Kohlenstoffemissionen zu reduzieren, und davon, ob die türkische Industrie zunehmend sauberere Produktionsmethoden übernimmt und die Treibhausgasemissionen verringert.