Der türkische Parlamentspräsident Numan Kurtulmuş sieht in der Initiative für ein „terrorfreies Türkiye“ keinen „Verhandlungsprozess“ mit der Terrororganisation PKK. Vielmehr handele es sich um einen nationalen Prozess zur Auflösung der Terrorgruppe, sagte Kurtulmuş am Donnerstag bei einer Parlamentssitzung in Ankara.
„Es geht darum, die neue Realität nach der Selbstauflösung der Terrororganisation zu bewerten und unter dem Dach des Parlaments Schritte für die Zukunft zu definieren – immer unter der Autorität und dem Willen der Generalversammlung“, sagte Kurtulmuş.
Kurtulmuş ging bei seiner Rede in Anwesenheit von Veteranen und Angehörigen gefallener Soldaten auch auf mögliche Bedenken ein. „Wir führen keine Gespräche mit einer Terrororganisation. Im Gegenteil: Wir prüfen den Weg in eine Zukunft ohne Terror“, sagte er.
Die Beseitigung des Terrors habe auch eine regionale Bedeutung, betonte Kurtulmuş. „Ein terrorfreies Türkiye bedeutet eine terrorfreie Region.“ Man werde die Zukunft gemeinsame aufbauen.
Zugleich erinnerte Kurtulmuş an die hohen Verluste der vergangenen Jahrzehnte. „Fast die Hälfte der mehr als 100-jährigen Geschichte der Republik war von Terror, Schmerz und Opfern geprägt.“
Türkiye habe schätzungsweise drei Billionen Dollar und zehntausende Leben verloren, so Kurtulmuş. „Wir sind es unseren Märtyrern und kommenden Generationen schuldig, unsere Einheit und jahrhundertealte Bande der Brüderlichkeit wieder zu festigen.“
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte am 12. Juli mit Blick auf diesen Prozess von einem „neuen Kapitel“ in der Geschichte des Landes gesprochen.
Die von Türkiye, den USA und der EU als Terrororganisation eingestufte PKK verkündete nach einem Kongress im Mai ihre Auflösung. Zuvor hatte ihr inhaftierter Anführer Abdullah Öcalan im Februar zu einem Ende der jahrzehntelangen Terrorkampagne gegen Türkiye aufgerufen.
Im Rahmen der neuen Initiative trat am Dienstag erstmals der parlamentarische Ausschuss für „Nationale Solidarität, Brüderlichkeit und Demokratie“ im türkischen Parlament zusammen. Er soll die politischen und rechtlichen Aspekte in der Zeit nach dem Terror bewerten.