Israelische Scharfschützen haben gezielt palästinensische Zivilisten in Gaza getötet. Das wurde am Mittwoch durch eine internationale Recherche bekannt. Mitglieder der geheimen „Ghost Unit“ gaben darin zu, unter anderem vier Angehörige der Familie Doghmush im November 2023 erschossen zu haben. Die Enthüllungen stammen aus einer fünfmonatigen Untersuchung des Guardian in Zusammenarbeit mit ARIJ, Paper Trail Media, Der Spiegel und dem ZDF.
Augenzeugenberichte, medizinische Unterlagen, Totenscheine und geolokalisierte Videoaufnahmen bestätigen die Vorfälle. Besonders brisant ist das Geständnis von Daniel Raab, einem US-Amerikaner, der sich der israelischen Einheit angeschlossen hatte. In einem Interview räumte er ein, den 19-jährigen Salem Doghmush erschossen zu haben – obwohl dieser unbewaffnet war und nur den Leichnam seines Bruders bergen wollte.
Nach Angaben von Überlebenden wurde zunächst Mohammed Doghmush getötet. Danach starb sein Bruder Salem, anschließend der Vater Muntasir. Cousin Khalil wurde schwer verletzt, als er helfen wollte. Erst nach einer Waffenruhe am 24. November konnte die Familie ihre Toten beerdigen.
Raab prahlte zudem, seine Einheit habe während des Einsatzes 105 Menschen getötet. Zivilisten seien bewusst in ziviler Kleidung ins Visier genommen worden. „Das war meine erste Exekution“, sagte er über die Tötung von Salem.
Zur „Ghost Unit“ gehören elf Scharfschützen, darunter mehrere Ausländer mit Doppelstaatsangehörigkeit – aus den USA, Frankreich, Deutschland, Belgien, Südafrika, Italien, Äthiopien und Aserbaidschan. Fotos und Videos der Einsätze haben bereits in Belgien und Frankreich zu Strafanzeigen geführt. Menschenrechtsorganisationen fordern Ermittlungen wegen möglicher Kriegsverbrechen.
Israels Vernichtungskrieg in Gaza
Israel führt seit Oktober 2023 einen Vernichtungskrieg in Gaza, der von immer mehr Experten und Menschenrechtsorganisationen als Völkermord eingestuft wird. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums tötete Israel bisher mehr als 64.650 Menschen in Gaza, die meisten davon Frauen und Minderjährige. Demnach wurden mindestens 163.503 Menschen verletzt.
Laut Schätzungen von Experten der UN dürfte die tatsächliche Zahl der getöteten Palästinenser bis zu 200.000 betragen. Denn zahlreiche Menschen werden vermisst oder liegen unter den Trümmern eingestürzter Häuser und können nicht geborgen werden.